Strange World

Einfallsreicher als die schematischen Charaktere und ideenarme Handlung Don Halls Animationsabenteuers Strange World ist die progressive Patina des ambivalenten Moral-Märchens. Dessen oberflächliche Öko-Message, farbenfrohe Phantastik und Doppel-Dosis generischer Generationskonflikte verdecken eine Pathologisierung fortschrittlicher Veränderung.

Letzte entpuppt sich buchstäblich als Wurzel des Übels, das Entdecker-Sohn Searcher Clade (Stimme: Jake Gyllenhaal), Gattin Meridian (Gabrielle Union) und Teenager-Sohn Ethan (Jaboukie Young-White) im Auftrag von Staatschefin Callisto (Lucy Liu) ergründen. Auf der Suche nach der Ursache des Eingehens der unerschöpflichen Energie-Pflanze, deren Entdeckung Searcher zum Helden ihrer idyllischen Heimatgegend machte, stößt das Team auf ein unterirdisches Reich voll kryptischer Kreaturen – und Searchers verschollenen Vater Jeager (Dennis Quaid).

Seine amüsant gemeinten Auseinandersetzungen mit Searcher spiegeln und erweitern dessen Konflikt mit Ethan, der den Titelort mehr als faszinierend statt bedrohlich wahrnimmt. Die Vater-Sohn-Thematik negiert jegliche Prägung durch weibliche Verwandte und Vorbilder, die Poster und Plot gleichermaßen marginalisieren.

Ehre, Errungenschaften und männliche(s) Erbe(n) sind höchstes Gut der von patriarchalischer Nostalgie gelenkten Story, deren Traditionalismus der Indiana Jones Titel-Font und charmante Anspielungen an Kinoklassiker wie Lost World und Journey to the Center of the Earth romantisieren. Den Gewinn an queerer Repräsentation überschattet ein konservatives Narrativ, das vor den versteckten Spätfolgen gesellschaftlicher Entwicklung warnt und Reaktionismus mit Rekonvaleszenz gleichsetzt.

Regie: Don Hall, Drehbuch: Qui Nguyen, Synchronstimmen (Original): Jake Gyllenhaal, Alan Tudyk, Gabrielle Union, Dennis Quaid, Lucy Liu, Jaboukie Young-White, Filmlänge: 102 Minuten, Kinostart: 24.11.2022