Arrietty – Die wundersame Welt der Borger
Basierend auf einem Kinderbuch aus dem Jahr 1952 erzählt Arrietty – Die wundersame Welt der Borger eine romantische Geschichte über ein ungleiches Paar.
Der junge Shō (Ryunosuke Kamiki) kommt gerade bei dem Haus seiner Tante an, als er eine merkwürdige Entdeckung macht. Für einen kurzen Augenblick erhascht er einen Blick auf etwas, das wie eine kleine Person aussieht. Als er sich zurück ins Haus begibt folgt die Kamera nicht ihm, sondern der kleinen Arrietty (Mirai Shida), einem 14-jähriges Mädchen. Sie ist eine Borger, nur 10 cm groß und lebt mit ihrer Mutter Homily (Shinobu Ōtake) und ihrem Vater Pod (Tomokazu Miura) unentdeckt im Haus von Shōs Tante. Ihren Namen erklärt sich dadurch, dass sie sich auf nächtlichen Missionen Dinge von den Hausbewohnern „borgen“. Noch am selben Abend darf Arrietty ihren Vater auf ihre erste Erkundungstour begleiten. Kurz vor Abschluss der Borgermission wird Arrietty ein zweites Mal von Shō gesehen, allerdings spricht er dieses Mal direkt zu ihr. Bei der Flucht geht der zuvor erbeutete Zuckerwürfel verloren und Pod muss sich nun Gedanken über einen Umzug machen. Borger sind der Überzeugung, dass Menschen gefährlich sind und ihnen Schaden wollen, würden sie von ihrer Existenz erfahren. Am nächsten Tag hinterlässt Shō, Arrietty eine Nachricht unter dem verlorenen Zuckerwürfel. Arrietty beginnt zu hinterfragen, ob Shō vielleicht ungefährlich ist und macht sich auf den Weg, um ihn kennen zu lernen.
Hiromasa Yonebayashi schafft es mit seinem ersten Werk die Welt der Borger so fantastisch zu zeigen, wie sie es verdient. Vor allem die Erkundungsmission ist so eindrücklich inszeniert, dass man sie mit Leichtigkeit das Highlight des Films nennen kann. Hier werden dem Zuseher durch viele kleine Hinweise im Hintergrund gezeigt, wie Arriettys Familie ihr Leben meistert. Die vielfältigen Animationen und die Detailverliebtheit jedes einzelnen Bildes lassen das Publikum über sonst banale Dinge stauen.
Es vergeht gefühlt die Hälfte des Films während uns die Welt dieser kleinen Menschen erklärt und in eindrucksvoller Weise gezeigt wird. Und das ist auch gut so! Gerade der Anfang nimmt sich die Zeit einem ein Gefühl von Schönheit und Melancholie zu vermitteln. Ungewöhnlich für Studio Ghibli ist, dass man sich hier nicht immer sicher ist, ob einem der Film ein Happy End vorsetzen wird. Thematiken wie Krankheit und Einsamkeit nehmen in den 94 Minuten einen großen Platz ein. Leider schafft es der Film nicht durchgehend seine gefühlvolle Geschwindigkeit aufrecht zu erhalten. Gegen Ende verliert sich die Geschichte in einer Rettungsmission und einer unverständlich inszenierten Gegenspielerin.
Abgesehen von der Antagonistin sind alle Charaktere in Arrietty – Die wundersame Welt der Borger ungemein sympathisch und bleiben einem noch länger im Gedächtnis. Der stoische Pod mit seinem gutmütigen Blick ist wie ein Fels in der Brandung eines Meeres, dass erst durch Arriettys hitziges Gemüt zur stürmischen See wird. Auch deshalb fühlt sich das Ende etwas zu vorschnell an, da man nur zu gerne noch längere Zeit mit den Borgern verbringen würde.
Visuell als auch erzählerisch zählt das Werk aus dem Jahr 2010 sicherlich zu den besseren Arbeiten aus dem Hause Ghibli. Letztendlich fehlt aber dieser eine überraschende oder emotionale Moment, um den Film auf die nächste Stufe zu heben. Allerdings kann man sich, wie so oft, darauf verlassen, dass einem das Studio über die gesamte Laufzeit eine ungewöhnliche und runde Geschichte präsentiert.
Regie: Hiromasa Yonebayashi, Drehbuch: Hayao Miyazaki, Keiko Niwa, basierend auf dem Roman von Mary Norton, Stimmen (Original): Mirai Shida, Tatsuya Fujiwara, Ryunosuke Kamiki, Keiko Takeshita, Kirin Kiki, Filmlänge: 94 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 11.11.2011