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Das Schloss im Himmel

8
Fantasy

Der offiziell erste Film von Studio Ghibli ist ein runder Abenteuerfilm, der alles zu bieten hat, was man sich vom Genre wünscht. Action, Romantik und Spannung kommen hier im richtigen Maße zum Einsatz und ebneten den Weg für den Erfolgszug, den das Studio bis heute bestreitet.

Ein Luftschiff fliegt weit über dem Boden durch das dichte Wolkenmeer. Ein junges Mädchen blickt traurig über das schier endlose Weiß hinweg, als sie etwas auf dem Horizont erspäht. Schnell nähern sich vermummte Gestalten auf Fluggeräten, die überdimensionalen Libellen gleichen. Schon schlägt die erste Granate auf dem Luftschiff ein und der Besatzung wird bewusst, dass sie angegriffen werden. Piraten sind bekannt dafür Schiffe zu kapern und ihrer Fracht zu erleichtern, aber bei diesem Angriff geht es nur um das Mädchen. Im Zuge der schnell getakteten Luftschlacht kann das Mädchen mit Namen Sheeta (Keiko Yokozawa) fliehen und gelangt wortwörtlich in die Arme des jungen Minenarbeiters Pazu (Mayumi Tanaka). Versteckt bei dem Jungen, wiegen sich die Beiden in Sicherheit und Sheeta erfährt von einer wundersamen Insel, die irgendwo über den Wolken schweben soll. Als sich die Verfolger den zwei Jugendlichen wieder annähern, beginnt ihre Flucht die unweigerlich auf der sagenumwobenen Insel enden soll, denn ihr Schicksal ist mit dem von Sheeta direkt verbunden.

Wenn man über Das Schloss im Himmel recherchiert kommt man unweigerlich an dem Fakt vorbei, dass die Idee einer schwebenden Insel nicht von Hayao Miyazaki stammt. Das Konzept hat schon Jonathan Swift im Jahr 1726 mit seinem Werk Gullivers Reisen beschrieben. Regisseur Miyazaki hat sogar den Namen der Insel (Laputa) direkt übernommen. Allerdings hat er es mit seinem zweiten Kinofilm geschafft, der Idee seine eigene Handschrift aufzutragen. Er nimmt sich die Zeit, die er braucht, um die der Welt und seine Charaktere detailliert zu beschreiben. Vermeidliche Bösewichte stellen sich als die geheimen Helden heraus und leblose Roboter rühren nicht nur die Protagonisten zu tränen.

 

Aber zunächst mal zum Ablauf, der muss nämlich aufgrund seiner großartigen Orchestration und dem perfekten Tempo hervorgehoben werden. Auf die schnelle und bildgewaltige Eröffnungsszene folgt eine ruhige Phase in der die Charaktere, die Welt und die Geschichte eingeführt werden. Und ehe man sich, wie die Charaktere, etwas entspannen kann, kommt es zu einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd die zu Fuß, auf einem Zug und dann durch die Luft bestritten wird. Nachdem es dann wieder eine wohl dosierte Pause gibt. Dieses Verfahren zieht Miyazaki bis zum Ende des Films durch, was ihn trotz seiner 124 Minuten sehr kurzweilig wirken lässt. Längen gibt es praktisch nicht, denn man lebt das Abenteuer in jeder Sekunde mit.

Das Schloss im Himmel schafft es die namensgebende Destination nach der langen Reise entsprechend zu zelebrieren. Wenn Sheeta und Pazu endlich auf Laputa angekommen sind, ist es so zufriedenstellend, diesen magischen Ort durch ihre Augen entdecken zu dürfen. Die Stimmung verändert sich und man hat das Gefühl, dass sich diese lange Reise gelohnt hat. Wenn dann das Ende doch etwas plötzlich kommt, freut man sich schon darauf den Weg mit seinen Helden irgendwann erneut bestreiten zu können.

Stichwort Helden und Heldinnen. Hayao Miyazaki zeigt an den zwei Jugendlichen wie eine romantische Geschichte ohne jeden Kitsch auskommen kann und dadurch sogar noch besser funktioniert. Durch die innigen Dialoge und aufopfernden Taten wird die Zuneigung, die Beide füreinander verspüren, ausreichend und trotzdem unübersehbar vermittelt. Da braucht es keine langen Standbilder oder dramatische Musik. Allerdings ist der Film nicht frei von hoch emotionalen Momenten. Einige der stärksten Szenen beinhalten Roboter, deren Gesichter nur ansatzweise zu erkennen sind und sich nur durch Pfeifgeräusche verständigen können. Dass so minimalistische Figuren so viele Gefühle vermitteln können, ist der herausragenden Arbeit der Zeichner zu verdanken.

Wenn es etwas zu bemängeln gibt, dann wohl am ehesten, dass der Bösewicht, im Angesicht der vielschichtigen Hauptcharaktere, etwas blass bleibt. Viel zu spät wird seine eigentliche Motivation erklärt, die dann über das gewöhnliche Schema F nicht hinaus geht. Festzuhalten bleibt, dass Das Schloss im Himmel definitiv zu einem der besten Filme aus dem Hause Ghibli zählt. Vor allem die interessante Welt und die liebenswerten Protagonisten zeichnen dieses unterhaltsame Abenteuer aus. In jeder Hinsicht ein richtungsweisender Meilenstein.

Regie und Drehbuch: Hayao Miyazaki, Stimmen (Original): Mayumi Tanaka, James Van Der Beek, Keiko Yokozawa, Kotoe Hatsui, Minori Terada, Filmlänge: 125 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 08.07.2011




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