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Star Wars Jedi: Fallen Order

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Action-Adventure

Alles, was es braucht, ist da. Allein in den zentralen kanonischen Werken der Star Wars-Erzählung tummelt sich eine schier unüberschaubare Anzahl an möglichen Protagonisten, Konflikten, Spezies, Technologien, Kulturen, Epochen – ganze Welten, über die es zu berichten sich mehr als lohnen würde. Und doch setzt sich Publisher Electronic Arts selbst die Scheuklappen auf, wenn es um sein neues Spiel aus dem Star Wars-Kosmos, Jedi: Fallen Order, geht.

Dabei hat das Multiversum der Star Wars-Saga ein so überbordendes Potenzial. Gleichgültig wie man zu den verschiedenen Schaffensphasen von George Lucas‘ Epos steht, ob man mit der Trilogie rund um den Aufstieg von Anakin Skywalker aufgewachsen ist, die ursprünglichen drei Filme um seinen Niedergang favorisiert oder Fan der Reihe aus den Disney-Studios ist – jeder der sich dem Franchise verbunden fühlt, wird um die Vielfalt des Star Wars-Universums wissen. Umso ernüchternder, dass man im neuesten Teil der Spiele nur einen sehr limitierten Blick darauf werfen darf.

Die Reise – oder besser der sporadische Abstecher in die Welt von Star Wars – beginnt mit einem Prolog auf einem intergalaktischen Schrottplatz. Die einst demokratische Galaktische Republik ist unter dem Joch des Imperators Palpatine und seiner linken Hand, Darth Vader, zur Diktatur korrumpiert. Der Widerstand in Form der Rebellen-Allianz ficht als David gegen Goliath einen scheinbar aussichtslosen Guerilla-Krieg. Und der einst stolze Orden der Jedi, ehemals Hüter der Republik, ist ausgelöscht.

Die Jedi, vergleichbar mit Kriegermönchen, wie wir sie aus dem historischen Japan oder Tibet kennen, allerdings mit einem passiv-verteidigendem Anspruch, sind in einem dezentralen Meister-Schüler-Struktur organisiert. Jeder Schüler, genannt Padawan, sucht sich nach dem Erhalt der eigenen Meisterwürde wiederum einen Schüler zur Ausbildung. Diese Beziehung ist das zentrale Spannungsfeld, um das sich die Handlung von Star Wars Jedi: Fallen Order dreht. Denn auch der Protagonist des Spiels, Cal, ist ein ehemaliger Jedi. Zumindest beinahe, denn Cals Meister starb während des Umsturzes. Der Schüler blieb ohne abgeschlossene Ausbildung zurück und fristet seither getarnt als einfacher Arbeiter auf einem Weltraum-Schrottplatz sein Dasein. Bis ihn die nach Überlebenden suchenden Schergen des Imperiums aufspüren. Nur mit Mühe, vor allem aber der Hilfe einer ehemaligen Jedi-Meisterin, kann Cal entkommen.

Es beginnt eine interplanetare Schnitzeljagd, vorgeblich mit dem Ziel an eine Liste möglicher neuer Jedi-Anwärter zu gelangen, bevor die Suchtrupps des Imperiums auf deren Spur kommen. Tatsächlich findet im Laufe der Handlung vor allem Cal zu sich selbst, die Jedi-Meisterin ihre totgeglaubte Schülerin und generell jeder ein wenig Selbstvertrauen im Kampf gegen das böse Imperium. Als narrativer Puderzucker auf der etwas redundanten und sehr schlichten Haupthandlung ist das freilich nicht viel mehr als Kosmetik.

 

Die verschiedenen Level, sechs an der Zahl, sind linear aufgebaut. Es gibt Jump’n’Run-Parcours, die schwer an die Prince of Persia-Spiele oder die Tomb Raider-Reihe gemahnen, ihnen jedoch kaum das Wasser reichen können. „Rutsch“-Abschnitte erinnern an Segas Sonic und fallen ebenso aus dem Rahmen. Auch abgesehen von diesen Mechanismen bleiben die Welten, trotz ihrer unterschiedlichen Vegetation, inhaltlich beeindruckend monoton. Es gibt fragmentarische Audiologs und Notizen über den jeweiligen Planeten und dessen Bewohner zu entdecken, ab und an ein Power-Up. Darüber hinaus aber hat man nicht mehr zu tun, als sich strikt der Nase nach dem jeweiligen Ende der Route zu nähern. Im Verlauf der Level gilt es ein paar Stormtrooper zu eliminieren, ab und an das Exemplar einer endemischen Spezies – meist etwas in Form mutierter Ratten oder Lurche. Das schaut oft schön aus und nur zu gerne würde man mehr von den so unterschiedlichen Welten erkunden können – allerdings sind die Regionen, durch die man sich während der Handlung von Star Wars Jedi: Fallen Order bewegt, erschreckend entvölkert. Bis auf eine Handvoll desorientierter Rebellen, die in einem der Level auftauchen oder anachronistische Voodoo-Krieger gibt es keine Bewohner, kaum Flora und Fauna mit der sich sinnstiftend kommunizieren ließe.

Zwar trifft man in Form der Wookies und dem großen Antagonisten Darth Vader alte Bekannte aus den Spielfilmen wieder, sie bleiben jedoch so rudimentär und blass in ihrem Charakter, dass sie zu wenig mehr als Garnitur für das Star Wars-Feeling taugen. Tatsächlich könnte Star Wars Jedi: Fallen Order ohne die Lichtschwertwaffe und die Nomenklatur mit Jedis, Imperium und Rebellen-Allianz ein beliebiges Action-Adventure in Sci-Fi-Optik sein. Es gibt keine epischen Raumschlachten, keine Verfolgungsjagden, keine Bars mit ikonischer Musik, keinerlei urbanen Flair, wie es sonst die Star Wars-Geschichten ausmacht. Weshalb nicht einmal ein weiblicher Spielcharakter oder eine nicht menschliche Spezies als Protagonist? Allenfalls der Sidekick und wandelnde Tooltipp von Cal, der kleine Droide BD-1, taugt als Symphatieträger und empfiehlt sich als quirliger Wall-E-Verschnitt für weitere Abenteuer.

Auch der Schwierigkeitsgrad wirft Fragen auf, ist er doch bis an die Grenze der Stupidität einlullend. Da helfen auch die Traumsequenzen und Rückblenden, mit denen sich Cal neue Fertigkeiten aneignet, nicht viel. Generell bleibt die Charakterentwicklung auf einer rein motorischen Ebene ohne großen Einfluss. Bis auf wenige Standard-Fähigkeiten, die zum Fortkommen notwendig sind, lässt sich das Aufleveln komplett ignorieren. So bleibt auch die vorab vielfach erwähnte Anleihe des Kampfsystems an Core-Games wie Bloodborne oder Dark Souls eher ein Nicken in Richtung anspruchsvoller Spiele, von einer vollwertigen Hommage kann keine Rede sein.

Letztendlich präsentiert uns Publisher EA mit Star Wars Jedi: Fallen Order ein etwas bitteres Weihnachtsschmankerl. Kurz, aber nicht kurzweilig, mehr Fanservice statt großer Erzählkunst. Von den visuell durchaus kreativen Leveln hätten es gut und gerne noch einmal so viele sein dürfen. Die wenigen Charaktere, die das Spiel bietet, würden sich über Gesellschaft freuen und auch eine Computerspiel-Handlung muss sich mittlerweile nicht mehr nur um Search & Destroy drehen, um Anklang zu finden. Das Spiel fühlt sich alles in allem an wie ein kleiner Jar-Jar Binks – eher lächerlich denn lustig, wirklich weh tut es aber auch niemanden.

Plattform: PS4 (Version getestet), Xbox One, PC, Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 15.11.2019, Link zur Homepage