City of Ghosts
Superhelden in Strumpfhosen und in Fledermauskostümen gibt es in Wirklichkeit nicht, echte Helden, mutige Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzen um Ungerechtigkeiten zu bekämpfen gibt es schon. Zu sehen sind sie am This Human World in der grandiosen Dokumentation City of Ghosts.
Eine Gruppe syrischer Bürgerjournalisten mit dem Namen “Raqqa is Being Slaughtered Silently” (kurz RBSS) versucht die Gewalttaten, Terrorakte, Hinrichtungen, Folterungen, kurz die gesamten Menschenrechtsverletzungen durch den IS in ihrem Heimatland aufzudecken. Dabei stehen sie nicht nur unter ständiger Beobachtung und Verfolgung, sondern müssen auch die ganze Zeit um das Leben ihrer Angehörigen und um ihr eigenes Leben fürchten. Die meisten Aufnahmen der Gräueltaten der IS, die man international kennt, stammen von dieser Gruppe. Einige von ihnen sind geflohen und arbeiten von außen weiter, aber auch im Exil sind sie nicht sicher, andere berichten nach wie vor aus dem Inneren der von der IS besetzten Stadt Raqqa.
Was macht einem zum Helden? Ein Held ist ein Mensch, der sich unerschrocken und mutig einer schweren Aufgabe stellt, der eine ungewöhnliche, außergewöhnliche Tat vollbringt. Diese Definition trifft auf Abdelaziz Alhamza, Mohamad Almusari, Hamoud Almousa, Hassan, Hussam und alle anderen Mitglieder von RBSS ohne Zweifel zu. Sie sind Helden, moderne und reale Helden. Aber es geht ihnen nicht um Ruhm und Ehre, es geht ihnen darum im Angesicht von Terror und Gewalt das Richtige zu tun, sich für die Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen, mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen. Mit Worten, mit Bildern, mit Aufnahmen, mit der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Sie tun es, damit sich ihre Heimat Raqqa von der wahnsinnigen und brutalen Schreckensherrschaft der IS befreien kann, damit dort wieder Sicherheit und Stabilität einkehrt, damit sich das Land erholen und wieder aufbauen kann und damit diejenigen, die im Exil leben, sicher wieder nach Hause kehren können.
Umso trauriger ist es dann, wenn diese Leute in ihrem Exil auch noch von rechter Seite angefeindet werden und zu spüren bekommen müssen, dass sie nicht erwünscht sind, auch wenn dieser Aspekt in City of Ghosts nur einen kleinen Anteil hat, nur eine kurze Szene ist, so schmerzt es doch das zu sehen, nachdem man weiß, was diese Menschen durchgemacht haben und wofür sie sich einsetzen, wofür sie ihr Leben riskieren. Regisseur Matthew Heineman verliert zum Glück nie den eigentlichen Fokus seiner Dokumentation aus den Augen und bleibt nahe an den Protagonisten. Es gelingt ihm eindringlich die ständige Anspannung, unter der die Journalisten leben, einzufangen und zeigt, dass sie, so mutig sie sind, im Endeffekt Menschen bleiben, die natürlich Angst haben – das macht ihre Handlungen nur umso beeindruckender.
Eigentlich sei nur noch gesagt: verpasst diesen Film nicht. City of Ghosts ist ein erschütterndes Dokument unserer Zeit und gleichzeitig das Porträt mutiger Menschen. Solange es Leute wie Abdelaziz Alhamza, Mohamad Almusari, Hamoud Almousa, Hassan, Hussam und die anderen Mitglieder von RBSS (und auch nicht zu vergessen, die ganzen anderen viel zu wenig besungenen, viel zu oft namenlos gebliebenen Helden unserer Zeit) gibt, solange ist der Kampf um eine bessere Welt nicht verloren. Man kann nur in Etappen siegen, aber man siegt.
Regie: Matthew Heineman, Mit: Abdelaziz Alhamza, Mohamad Almusari, Hamoud Almousa, Hassan, Hussam, Filmlänge: 90 Minuten, läuft am 02.12.2018, 19 Uhr in der Brunnenpassage bei freiem Eintritt im Rahmen des This Human World, anschließende Diskussion mit Hussam Eesa (Raqqa is being slaughtered silently), Rubina Möhring (Reporter ohne Grenzen), Michel Reimon (EU Parlament), Moderation Jelena Gučanin, www.cityofghosts.com