Lines
Der griechische Filmemacher Vasilis Mazemenos verbindet in seinem neuen Drama Lines verschiedene menschliche Schicksale durch ihre nächtlichen Anrufe bei einer “Life Line”.
Ein Mann betritt ein Zimmer, geht zu dem Tisch, auf dem nichts weiter als ein Telefon auf ihn wartet, setzt ein Headset auf und beginnt seine Nachtschicht. Zuerst ruft ein verzweifelter Mann an, dem das Geld für die Pflege seiner krebskranken Frau ausgeht und nicht weiß, was er tun soll, um sie weiterhin zu ihrer Behandlung zu schicken. Der telefonische Seelsorger findet nur wenig tröstende Worte und Ratschläge für den verzweifelten Mann. Es folgt eine ehrgeizige, aber gefühlskalte Frau; ein verzweifelter Polizist mitten in einem gewaltsamen Aufstand; ein Farmer, dem sein Land weggenommen werden soll; ein Politiker, der vor laufender Kamera nicht nur die Fassung, sondern auch sein Gewand (und vielleicht Verstand) verliert; ein Obdachloser alter Mann, der sich auf einmal um seinen Enkel kümmern muss und ihm die Geschichte von “Batman” erzählt; und noch einige mehr.
Lines ist ein teils mehr, teils weniger lose verknüpfter Episodenfilm in der Hinsicht, dass manche Teile stärker miteinander in Bezug stehen als andere. Das verbindende Element ist vielmehr der nervliche, emotionale oder psychische Zusammenbruch der Figuren, sie alle sind auf irgendeiner Art und Weise am Ende. Mazemenos findet für seine gebrochenen Protagonisten eindringliche Bilder, passende Bilder, die das triste Leben der Charaktere noch einmal visuell unterstreichen. Das Problem bei Lines ist aber auch keineswegs die Bildsprache, das Problem des Dramas liegt eher darin, dass es weder involviert, noch berührt, noch emotional oder geistig anregt.
Als Zuschauer bleibt man distanziert und unterkühlt zurück (ähnlich wie eine der Figuren im Film: die unterkühlte Karrierefrau, die doch eigentlich längst ein Klischee ist, oder?) und begegnet dem Film nicht so sehr mit Interesse, Neugier oder Empathie, sondern mit Gleichgültigkeit und Empathie. Dadurch wird ein Drama, das eigentlich die Schicksale der Figuren im Fokus haben sollte, zu einem Drama an sich und die schlanken 88 Minuten kommen einem doppelt so lange vor. Was auch immer Vasilis Mazomenos mit Lines aussagen oder aufzeigen oder bewirken wollte, es prallt am Zuschauer ab, denn es stellt sich leider keine Verbindung zwischen Film und Betrachter ein.
Regie und Drehbuch: Vasilis Mazomenos, Darsteller: Anna Kalaitzidou, Themis Panou, Kostas Berikopoulos, Filmlänge: 88 Minuten, gezeigt im Rahmen des this human world: 02.12.2017, 22:45 Uhr, Top Kino