Need for Speed
Dröhnende Motoren, PS-starke Boliden und abwechslungsreiche Rennstrecken – das Spiel mit der Lizenz zur Geschwindigkeitsüberschreitung feiert dieses Jahr sein 20. Jubiläum und bekommt zum Geburtstag eine Hollywoodverfilmung.
Ähnlich wie die „Schiffe versenken“-Verfilmung Battleship wartet auch das Film gewordene Rennspiel Need for Speed mit einer denkbar dünnen Ausgangsstory auf und es wird gleichermaßen versucht, aus dem quasi nicht vorhandenen Plot eine tragfähige Story zusammenzuzimmern. Herausgekommen ist dabei ein irrwitzig-haarsträubendes Produkt, das mit dem Spiel im Grunde nicht mehr viel zu tun hat.
Tobey Marshall (Aaron Paul) hat es wirklich nicht leicht. Zuerst lässt seine Freundin ihn für Dino Brewster (Dominic Cooper), seinen Erzrivalen seit Kindertagen, sitzen, dann droht auch noch seiner Autowerkstätte die Pleite. Ein kleiner Zusatzverdienst ist für das Fahrtalent immerhin mit illegalen Straßenrennen zu machen. Just von Brewster erhält Marshall nach einem dieser Rennen ein Angebot, das seine finanzielle Situation entscheidend aufbessern würde und lässt sich zögerlich auf das Geschäft mit dem zwielichtigen Rennstar ein – eine Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen nach sich zieht. Nach einem tragischen Unfall wird Marshall von Brewster hintergangen, wandert ins Gefängnis und verliert seine Werkstatt. Nach seiner Entlassung sinnt der unschuldig Verurteilte auf Rache und wittert seine Chance im legendären „De Leon“ – dem vom Milliardär The Monarch (Michael Keaton) veranstalteten Straßenrennen, bei dem auch Brewster mitfährt. Um daran teilzunehmen muss er aber erst, unterstützt von seinen Freunden und ehemaligen Angestellten und begleitet von der ungebetenen Beifahrerin Julia Maddon (Imogen Poots), das ganze Land durchqueren – im ständigen Wettlauf gegen die Zeit, die Exekutive und andere Widersacher.
Dass Game und Film nur mehr anhand der Namensgleichheit miteinander in Verbindung zu bringen sind, stört actionbegeisterte Rennfilmfreaks wahrscheinlich wenig. Genügend sündteures Nobelkarossenmaterial wird vernichtet, rasante Verfolgungsjagden und Szenenwechsel garantieren für Spannung und die verschiedenen Kameraeinstellungen sorgen in Verbindung mit der 3D-Tiefenwirkung zwischendurch immer wieder für das Gefühl, mittendrin statt nur dabei zu sein. Kurzum, Need for Speed könnte ein spannender und unterhaltsamer Autorennfilm sein – wäre da nicht das zum Himmel schreiend blöde Drehbuch.
Anstatt Klischees und Konventionen elegant zu umfahren, brettert der Film mitten durch jede Genrepeinlichkeit, von den obligatorischen Machosprüchen über das bedenkliche Frauenbild (immerhin dürfen die Frauen hier auch Auto fahren, aber bitte nur in High Heels und mit den richtigen Fashionaccessoires), die ausgelutschte Schuld-Sühne-Rache-Story bis hin zu Charakteren, die so flach sind, dass sie sich kaum vom Asphalt, über den sie heizen, abheben. Ähnlich wie in den Fast and the Furious-Filmen wird auch hier jedem physikalischen Gesetz getrotzt, wo erstere aber bewusst übersteigern und auch den einen oder anderen selbstironischen Moment augenzwirnkernd zulassen, versucht Need for Speed innerhalb der Glaubwürdigkeitsgrenze zu bleiben und überfährt dabei oft die Trennlinie zur Peinlichkeit. Dass der Film zudem jegliche Ironie vermisst und überdies mit einer gehörigen Portion Pathos und Schmalz aufwartet, stößt dann wohl auch hartgesottenen Actionfans früher oder später sauer auf.
Mit der lahmen Story und Charakterzeichnung müssen sich auch die DarstellerInnen abmühen, die, obgleich prinzipiell souverän in ihrem Metier, hier auf recht verlorenem Posten zu sein scheinen. Michael Keaton darf die schlechte Karikatur eines exzentrischen Rennleiters verkörpern, Aaron Paul erscheint als draufgängerisch-stiller Rennfahrer-Wunderwutzi seltsam deplatziert und Imogen Poots muss als blonde Beifahrerin lächeln, wo andere lieber kotzen würden.
Statt leichtfüßige Unterhaltung zu bieten, die nicht mehr sein will als Popcornkino für große Jungs und Mädchen, kann Need for Speed nicht umhin, das Publikum mit unnötigen Blödsinnigkeiten zu bombardieren, die Anspruch auf Ernsthaftigkeit erheben und gleichzeitig mit Unlustigkeiten der Sorte „zum Fremdschämen“ aufzuwarten. Einige wenige innovative Ansätze gehen dabei komplett unter und die an sich sauber inszenierte Action erhält ebenfalls einen mehr als schalen Beigeschmack. Dazu kommen noch die, trotz Weglassungen und storytechnischen Abkürzungen, auftretenden Längen im von Logikfehlern gesäumten, über zwei Stunden andauernden Spektakel.
Kurzum, Need for Speed unterhält in seinen besten Momenten, regt in seinen schlechtesten zu verständnislosem Kopfschütteln an und ist über weite Strecken ein mühsam konstruierter, plakativ konventioneller Actionreißer, dem es an Hirn fehlt, aber keinesfalls an Schmalz. Rennsportbegeisterten ist also anzuraten beim Spiel zu bleiben, denn hier gilt abermals: selber fahren macht viel mehr Spaß!
Regie: Scott Waugh, Drehbuch: George Gatins, Darsteller: Aaron Paul, Dominic Cooper, Imogen Poots, Scott Mescudi, Ramon Rodriguez, Michael Keaton, Laufzeit: 132 Minuten, Kinostart: 20.03.2014, need-for-speed-film.de