I, Frankenstein
Gute und schlechte Nachricht in einem: Vorkenntnisse von Mary Shelleys Frankenstein sind hier keineswegs erforderlich. Die neueste Verwurstung des Frankenstein Stoffes hat mit der literarischen Vorlage nämlich herzlich wenig zu tun.
I, Frankenstein setzt dort an, wo Mary Shelleys Erzählung endet. Das Monster (Aaron Eckhart) trägt seinen Schöpfer Victor Frankenstein zu Grabe und wird auf dem Friedhof von Dämonen angegriffen. Zu Hilfe eilen ihm plötzlich lebendig werdende Gargoyles – Steinskulpturen, die sakrale Bauten zieren. Frankensteins Kreatur ist nämlich ganz unverhofft zwischen die Fronten eines jahrhundertealten Krieges zwischen Gargoyles und Dämonen geraten. Leonore (Miranda Otto), die Anführerin der Gargoyles, gibt dem Monster nicht nur einen Namen – Adam -, sondern möchte es auch für ihre Seite gewinnen. Adam will sich aber nicht vereinnahmen lassen und schreitet in den folgenden Jahrhunderten lieber als Einzelkämpfer durch die Lande. Erst als der Dämonenanführer Naberius (Bill Nighy) und die Wissenschafterin Terra (Yvonne Strahovski) besonderes Interesse für den wandelnden Untoten entwickeln, muss Adam sich für eine Seite entscheiden und entdeckt dabei seine Menschlichkeit.
Wem die Geschichte rund um den größenwahnsinnigen Wissenschafter Victor Frankenstein und seine aus Leichenteilen zusammengesetzte, reanimierte Kreatur nicht geläufig ist, der bekommt sie in den ersten Filmminuten in Form von kurzen, trailerartigen Ausschnitten nachgereicht. Diese kostengünstig computeranimierten und unzusammenhängend erscheinenden Bruchstücke vermitteln schon einen guten Vorgeschmack darauf, wie sich die restlichen 90 Minuten des Films gestalten werden: billig, lieblos, langweilig und aufmerksamkeitsdefizitär. Die auf einer Comicvorlage basierende Verwurstung des Frankensteinstoffs ist nämlich weder frisch noch originell, sondern hat hinsichtlich Handlungsverlauf und Charakterzeichnung einen dermaßen langen Bart, dass man stellenweise nur verwundert den Kopf schütteln kann, ob der zur Schau gestellten Beliebigkeit und dreisten Abkupferei.
Entsprechend der Güte des Drehbuchs sind in I, Frankenstein auch keine besonderen schauspielerischen Leistungen zu erwarten. Als wandelnder Fleckerlteppich macht der, durch seine Rolle in The Dark Night wohl schon an Gesichtsentstellung gewöhnte, Aaron Eckhart allerdings gar keine so schlechte Figur. Oder, anders gesagt, er füllt das Bisschen an Charakter und Tiefgang, das seine Rolle hergibt, ziemlich gut aus. Hölzern und stoisch stapft er als Monster, das nun immerhin einen eigenen Namen tragen darf, durch dunkle Gassen, fetzt sich mit Dämonen und Gargoyles gleichermaßen und feilt, einen Blick auf die attraktive Wissenschafterin werfend, sogar widerwillig an seinen social skills. Dass Adam schlussendlich doch eine Seele hat und somit menschlich ist, ist die wenig überraschende und lieblos noch schnell nebenher abgehandelte Conclusio.
Die eigentliche Hauptrolle im Film spielen aber ohnehin die CGI-Effekte, beziehungsweise die als Lichtshow konzipierten Kämpfe zwischen den Gargoyles und den Dämonen– erstere fahren im Todesfall blau leuchtend gen Himmel, letztere rot leuchtend zur Hölle. Das ist gut und schön und spätestens nach dem dritten Mal langweilig. Blöd, dass diese Effekte die Substanz des Filmes ausmachen und man so schon nach zehn Minuten händeringend nach irgendetwas sucht, das man noch irgendwie interessant oder gar spannend finden kann.
Der Regisseur und Drehbuchautor Stuart Beattie hat sich in I, Frankenstein offensichtlich selbst als Nachfolger des größenwahnsinnigen Wissenschafters versucht, zur Knochensäge gegriffen und munter Leichenteile aus Filmen wie Van Helsing, Underworld oder Matrix zusammengeschustert, dabei jedoch die wichtigsten Organe vergessen: Herz und Hirn. So kommt der Film als unförmiges, unausgegorenes Machwerk zur Welt, das dem Genre nicht nur so gar nichts Neues hinzuzufügen vermag, sondern schon Altbekanntes auch noch wahrhaft stümperhaft und lächerlich in Szene setzt. Wäre das Ganze nicht auch noch so bierernst und frei von jeder Selbstironie, könnte man I, Frankenstein vielleicht noch als Trash ansehen und ansatzweise unterhaltsam finden. So reiht er sich allerdings in eine lange Liste von filmischen Unnötigkeiten ein, deren Daseinsberechtigung ernsthaft in Frage gestellt werden darf.
Regie und Drehbuch: Stuart Beattie, Darsteller: Aaron Eckhart, Yvonne Strahovski, Miranda Otto, Bill Nighy, Jai Courtney, Laufzeit: 93 Minuten, Kinostart: 24.01.2014, www.i-frankenstein.de