Mando Diao – Infruset
Seit 2009 warten die Fans von Mando Diao nun schon gespannt auf das neue Album der 1999 gegründeten schwedischen Band. Die Erwartungshaltung ist dementsprechend hoch, hat die Band doch ein hinreißendes Album nach dem anderen vom Stapel gelassen und die schwedische Rockgeschichte in unbekannte Höhen katapultiert…
Konnte man sich schon „Down in the past“ oder „Long before Rock’n’Roll“ nicht mehr entziehen, war es dann bei „Gloria“ völlig vorbei: Da ging es dann andersherum, die Band wurde zum spektakulären Kommerzmusik-Verbreiter, der zwar seinen Sound beibehalten konnte, vorm nervigen allpräsenten Ohrwurm dann in Folge aber natürlich auch nicht gefeit war.
Was haben die fünf adretten Musiker aus Börlange also in den drei Jahren der Abwesenheit ausgeheckt? Sie haben sich fernab der Zivilisation in eine umgebaute Scheune zurückgezogen, um dort das neue Werk „Infruset“ aufzunehmen. „Infruset“ bedeutet in der deutschen Übersetzung „eingefroren“ oder „der Eingefrorene“ sowie weitere Abwandlungen. Was wild-romantisch klingt, war es sicher auch: Sänger Gustaf Norén wurde dazu gebeten, zum 100. Todestag des schwedischen Dichters Gustaf Fröding einige von dessen Werken zu vertonen. Die Tiefe der Texte und die Melancholie seines Gesamtwerks ließen sich dann offensichtlich problemlos mit dem zurückgezogenen Plätzchen vereinbaren.
Das klingt natürlich spannend – ein rein schwedisches Album von Mando Diao, hat die Band doch bis jetzt immer nur auf Englisch geschrieben und gesungen. Die Erreichung eines Massenpublikums war in Kombination ihres einzigartigen Sounds natürlich vorprogrammiert – wie wird es nun mit diesem Album gelingen?
Auch wenn die einzelnen Lieder durchwegs mit sicher großem Engagement und Respekt vor dem Poeten produziert wurden, ist hier eine Balladen-Sammlung entstanden, die sich (leider) perfekt der Jahreszeit anpasst. Die Herbstdepression ist im Anmarsch. Ob gewollt oder nicht, Mando Diao bescheren uns hiermit ein Sittenbild des grauen Novembertages – also alleine und in betrübter Stimmung wirkt diese CD dann ebenso wie feuchter Dauerniesel ohne Regenschirm und Gummistiefel.
Es fehlt hier so gut wie alles, was zu erwarten gewesen wäre: die sonst so mitreißenden Melodien, die eingängige Gitarre, der herrlich-dualistische Sing-Sang der beiden Frontmänner Gustaf Norén und Björn Hans-Erik Dixgard. Die Band kann es sich leisten, auch ein solches Album auf den Markt zu werfen, weil ihr Erfolg aufgrund der vorherigen, großartigen Alben nicht verklärt wird. Ein zweites Mal sollten sie sich so etwas aber vielleicht doch nicht erlauben, denn diesmal gilt: Altbewährt ist hier doppelt gut – da hätte die Band lieber den feurigen nicht gegen den eingefrorenen Sound eintauschen sollen.
Mando Diao – Infruset, Vertigo Berlin / Universal Music