Dum Dum Girls – End of Daze
Vor 2008 war New Yorkerin Dee Dee Penny am Rande des Indie-Rock Radars als Musikerin und Songwriterin tätig, bis sie 2008 mit ihrer Girls-Band Dum Dum Girls von der Blogosphäre erfasst wurde…
Der Name zitiert Iggy Pops Lied „Dum Dum Boys“ und das Album „Dum Dum“ von den Vaselines. Diese Referenzen zeigen auch, dass es sich hier nicht um eine Girl-Band à la Mainstream handelt, sondern um starke Frauen, die etwas von Rock’n’Roll verstehen. Ihren Sound haben sie über die Jahre kultiviert. Was als Noise- oder Dream-Pop betitelt wird, erinnert an vielen Stellen an die klassischen 50er Jahre „The“-Formationen, wie The Ronettes oder The Crystal. Und das liegt nicht nur am unterstützenden Chorgesang im Hintergrund, sondern auch an den Solos der Surfer-Gitarre und dem rhythmischen Klatschen des Schlagzeugs. The Smiths und The Go-Gos haben als modernere The-s ihre Einflüsse hinterlassen.
Sie bringen die dreckigen Klänge in die abgestimmten 50er Melodien und melancholische Stimmung durch Post Punk-Fantasien. Nun haben Dee Dee und ihre drei Kolleginnen die vierte EP „End of Daze“ herausgebracht, in dessen fünf Liedern sie die anfängliche charmante Unerfahrenheit gänzlich abgeschüttelt haben. Denn obwohl die Musik sich im Innern kaum verändert hat, ist die Produktion eine so viel bessere geworden. Zwar gehört gewolltes Lo-Fi zu dem Markenzeichen, doch auf dem Debütalbum „I Will Be“ waren die technischen Makel allzu hörbar.
Wer sich bei den neuen Liedern wundert, wer denn die junge Frau mit der starken Stimme ist, kann versichert sein, dass es dieselbe Dee Dee ist, die auch auf dem ersten Hit „It Only Takes One Night“ zu hören oder eher zu vermuten war. Es ist erfreulich, dass vor allem bei den Vocalmelodien die Tonqualität erheblich raufgeschraubt wurde, denn zuvor schien ihre Stimme mit dem Knistern des Mikros verschmolzen zu sein. Erfreulich ist auch die Veränderung in den Lyrics. Die Songs von „I Will Be“ waren One-Gag-Stories mit einem sich oft wiederholenden Refrain. Es ging um Liebe durch Gitterstäbe, verrückte Persönlichkeiten und natürlich die Pflege des ausgewachsenen „Babys“. Das waren nette, oberflächliche Themen, die das Album zu einem wirklichen, wenn auch kurzen, Vergnügen machten.
Von Platte zu Platte wurde die Naivität abgeschüttelt, und statt ihrer klopften die Melancholie und der Herzschmerz an die Tür. Vor allem die Songs auf der EP haben erstaunlich traurige Texte über Resignation und Verzweiflung. Das fällt nicht sofort auf, da die Musik zwar nicht glücklich, aber zumindest vergnügt klingt. „Mine Tonight“ ist deswegen ein guter Opener, weil er nach Aufbruchsstimmung klingt, man aber die ganze Zeit wartet, dass es endlich richtig losgeht. Und das tut es nach eineinhalb Minuten. Aus dem gelangweilt wirkenden Gitarrenklängen wird eine energische Soundmasse. Dee Dee singt vor melodischer Kulisse fast trotzig über eine Todesfantasie. Mundtot fühlt sie sich auf „I Got Nothing“, und ihre Stimme passt perfekt zum Rock’n’Roll-Feeling. „Trees and Flowers“ driftet in ein noisiges Zupf-Gitarrengetümmel ab, während es um erdrückende Einsamkeit geht. Der Schlusstrack „Season In Hell“ folgt textlich dem Wink des Titels und wird dafür mit moderneren Tönen, die von Post Punk Balladen inspiriert sind, untermalt.
Herausheben muss man „Lord Knows“, was sich schon nach erstem Hören als absoluter Ohrwurm entpuppt. Es ist auch so ein Song, wo sich das ganze Potenzial der Dum Dum Girls in vier Minuten manifestiert. Schon der Beginn ist delikat. Die langsamen Drums, begleitet vom Echo der Becken, werden von Dee Dees Stimme durchbrochen, die einer Beichterin gleich „I want to live a pure life“ singt. Dieses Duett der Echos mündet in einem Refrain, der gespickt ist mit akkurat abgestimmtem Harmoniegesang und einer Smiths-gleichen Gitarrenmelodie. Gegen Ende hält Dee Dee ein kurzes, aber intensives Zwiegespräch mit sich, um wieder in den Chorgesang überzugehen. Für dieses Lied allein hat sich das Hören der EP gelohnt.
Dabei sind die übrigen Lieder ja auch nicht schlecht, sie sind sogar sehr präsent und intim. Aber da sie sich musikalisch kaum voneinander unterscheiden, ist es schwer sich die einzelnen Titel zu merken. Außer natürlich „Lord Knows“, bei dem alles stimmt. Es ist aufjedenfall ein Genuss den Dum Dum Girls beim musikalischen Reifen zu zuhören, und zu merken, dass am Ende des Tages die Ernte sehr schmackhaft sein wird.
Dum Dum Girls – End of Daze EP, Sub Pop / Cargo Records