X-Men-First-Class©-2011-20th-Century-Fox

X-Men: First Class

7
Comic-Verfilmung

Hollywood-Regel Nummer 1: Erfolgreiche Franchises lässt man nicht auslaufen, vor allem nicht wenn sie mit der Comic-Schmiede Marvel zu tun haben. Wenig verwunderlich erscheint also die Tatsache, dass Filme rund um die enorm populäre Mutantentruppe X-Men trotz mehrerer, teils katastrophaler Produktionen immer noch Hochkonjunktur haben. Mit X-Men: First Class gehen sowohl Produzenten, Filmstudio als auch Regisseur kein (allzu) großes Risiko ein und bewegen sich auf den erprobten „Reboot als Prequel“-Pfaden, die mittlerweile jeder kennen dürfte. Glücklicherweise haben die X-Men vorlagenbedingt enorme Vorteile gegenüber vergleichbaren Werken, da Rahmenhandlung und Charaktere aus einem reichhaltigen (Comicbuch-)Fundus interessanter Story-Variationen fast nach Belieben zusammengestellt werden können. Bedenkt man zusätzlich noch, das Brett Ratners vollkommen aus den Rudern gelaufener dritter Teil der X-Men Trilogie einige beliebte Protagonisten über den Jordan schickte, so scheint ein neues, die Vorgeschichte der Mutantentruppe erzählendes Werk geradezu notwendig.

Bryan Singer, Regisseur der ersten beiden erfolgreichen X-Men Filme, wurde hier als Produzent und Co-Autor eingesetzt, was man First Class vor allem zu Beginn der über zweistündigen Erzählung ansieht: Eine Rückblende in ein Internierungslager der Nazis schlägt einen Bogen auf die vorangegangene Trilogie und baut den Ursprung einer der beiden zentralen Charaktere, Eric Lehnsherr alias Magneto (in erwachsener Version herausragend: Michael Fassbender), konsequent aus.

Dieser wird nach Entdecken seiner metalverbiegenden Kräfte vom größenwahnsinnigen SS-Arzt Dr. Schmidt (Kevin Bacon brilliert als Super-Fiesling) zu einem aus Wut und Zorn bestehenden Supermutanten herangezogen, was zugleich den starken Kontrast zum privilegierten und sorgenfreien Leben des in einem Schloss in Oxford aufwachsenden Charles Xavier (James McAvoy) darstellt. Als sich Jahre später, mitten in den Vorwehen der Kubakrise, die Wege des nach Nazi-Blut sinnenden Lehnsherr mit dem von der US-Regierung aufgrund seiner telepathischen Fähigkeiten eingesetzten Xavier treffen, entsteht ein (anfangs) zweckmäßiges Bündnis der beiden durch einen gemeinsamen Feind: Supermutant Sebastian Shaw – vormals als Dr. Schmidt bekannt – und dessen Mitglieder des Hellfire Club, die einen nuklearen Holocaust anstreben.

Ab jenem Zeitpunkt entwickelt sich X-Men: First Class wie ein klassischer Rat-Pack bzw. Heist-Film: Mitstreiter mit besonderen Fähigkeiten werden angeworben, für den „Job“ trainiert und deren Persönlichkeiten bzw. charakterlichen Schwächen / Stärken werden dargestellt. Die überzeugende 60er-Jahre Atmosphäre des Films mit diversen klassischen Locations à la Strip Club in Las Vegas oder auch Kubricks aus Dr.Strangelove bekanntem „War Room“ verstärkt den Eindruck zusätzlich.

Obwohl Regisseur Matthew Vaughn (Kick-Ass) Vieles richtig macht, stören vor allem unausgegorene Dialogpassagen unter den teils klischeehaftes Verhalten (!) an den Tag legenden Mutantenrekruten, was manchmal eher den Eindruck erweckt, sich eine Folge von Dawsons Creek oder The Breakfast Club anzusehen als einen Marvel-Action-Vorzeigefilm. Auch aufgrund der Tatsache, dass hier dutzende Hintergrundgeschichten und Charaktere zwar geschickt, aber letztlich Laufzeit-bedingt nur schematisch miteinander verwoben werden, hinterläßt bei fast jeder Passage – abseits der moralischen Auseinandersetzungen zwischen McAvoy und Fassbender – einen etwas belangloseren Nachgeschmack.

Dennoch: Dank einer anstandslosen Präsentation mit ebensolchen Spezial Effekten, einer funktionalen Story mit Verweisen für Comic und X-Men-Film-Fans zu gleichen Maßen, sowie einer hochkarätigen Besetzung kann X-Men: First Class genügend Eindruck schinden, um der geplanten, neue Trilogie Rechtfertigung zu verschaffen.

Regie: Matthew Vaughn, Drehbuch: Sheldon Turner, Bryan Singer, Darsteller: James McAvoy, Michael Fassbender, Rose Byrne, Jennifer Lawrence, January Jones, Jason Flemyng, Kevin Bacon, Laufzeit: 132 Minuten, Filmstart: 09.06.2011




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