The Strokes – Angles
Fünf lange Jahre, gefüllt mit zahlreichen Sideprojekten der Bandmitglieder, sind seit dem letzten Album First Impressions Of Earth vergangen – nun weht dem Hörer mit Angles endlich wieder der musikalische Wind New York Citys um die Ohren. Keine andere Band klingt so nach Großstadt, Coolness und Rock’n’Roll wie The Strokes. Ihre Rückkehr inszenieren sie gekonnt rockig.
Zugegeben, es gab Tage, da hat man am Comeback der Band schon gezweifelt. Fast jedes Mitglied war auf Solopfaden mehr oder weniger erfolgreich unterwegs und gab sich scheinbar zu beschäftigt. Aber was zusammen gehört, fügt sich dann scheinbar doch wieder zusammen. Dass die berühmteste „The“-Band es aber unter den eher schwierigen Aufnahmebedingungen (neben einem Studiowechsel machte sich Sänger Julian Casablancas etwas rar) überhaupt geschafft haben, zeigt zumindest ein professionelles Zusammenspiel der Musiker, wenn es drauf ankommt. Im Vergleich zu den vorherigen Platten fällt bei Angles aber auf, dass die Stimme von Casablancas nun etwas glatter, weniger kratzig-rauh klingt. Vermehrt schöpft er aus dem vollen Repertoire seiner Stimme und nützt des Öfteren die Kopfstimme, was zwar anfangs ungewohnt klingt, man aber nach kurzer Zeit kaum missen möchte (und Fans, die sein Soloalbum mögen, werden damit gar kein Problem haben). Als Resultat liefern die Strokes mit ihrer nunmehr vierten Platte in ihrem zwölfährigen Bestehen ein musikalisch experimentelles, vermehrt elektronisches und mit nur 34 Minuten recht kurzes Comeback.
Man weiß bei so einer zugleich geballten wie auch komprimierten Wucht an Musikalität gar nicht, wo man zuerst beginnen soll: Machu Picchu eröffnet den neue Longplayer der New Yorker gleich ungewöhnlich poppig. Die Melodien klingen entfernt nach einem 80er Jahre Dancesong, und erst beim Refrain merkt man, das die Strokes im Abspielgerät laufen. Under Cover Of Darkness ist die erste, gewohnt geniale Singleauskopplung, welche taktisch klug gewählt wurde, da die Band hier noch nicht viel über die neuen Melodien auf der Platte verrät. In Call Me Back kommen die einzelnen musikalischen Ergüsse der Soloprojekte zusammen zum Vorschein: Der Song klingt ein bisschen nach Little Joy (aka Drummer Fabrizio Moretti plus Anhang) und Sommer: relaxed und zugleich frisch. Games wiederum ist eine sehr synthie-lastige, poppige Nummer, die etwas aufstößt und sich nicht recht beliebt macht. Empfehlenswert sind sowohl Two Kind Of Happiness, der die alte (purer, rotziger Rock) und neue (Elektro-Pop-Rock) Seite der Band perfekt kombiniert und Taken For A Fool, ein typischer Strokes-Titel, bei dem sich zeigt, dass die fünf Musiker ihr Handwerk noch immer beherrschen.
Musik und Gesang harmonieren also nach 12 Jahren Bandgeschichte wie eh und je. Wenn man den dynamischen Gitarrenriffs von Nick Valensi und Albert Hammond Jr. lauscht, hört man regelrecht murrende Menschenmengen und sieht vor seinem geistigen Auge die zahlreichen Wolkenkratzer der US-Metropole. Fabrizio Moretti an den Drums und Nikolai Fraiture am Bass zaubern dem Hörer dazu abwechslungsreich mal leise im Hintergrund, dann wieder dominant das pulsierende Leben New Yorks unter die Haut. Die Stimme von Julian Casablancas ist dabei wie immer das Highlight, der Orientierungspunkt, der alles zusammenführt. Wie die Stadt selbst sind die Strokes auf Angles immer noch laut, unkonventionell, facettenreich und einzigartig.
The Strokes – Angels, RCA Records/Sony