Diablo III
Eines muss man Blizzard zugestehen: Kein anderes Entwicklerstudio versteht es, einen auch nur annähernd so großen Hype um die eigenen Titel aufzubauen. Egal ob „Warcraft“, „Starcraft“ oder, wie diesmal, „Diablo“ – es ist für den ambitionierten Core-Gamer ein Ding der Unmöglichkeit, sich der Anziehung, die von diesen Spielen ausgeht, zu entziehen. Dazu maßgeblich beigetragen hat sicher auch die 12-jährige Wartezeit auf den neuesten Teil der Reihe…
Zielgruppe von „Diablo III“ sind jetzt also neben eingefleischten Fans auch jede Menge jüngere Gamer, die keine Erinnerungen an die schier endlosen Nächte mit den ersten beiden Teilen haben. Für Blizzard ergibt sich damit die unangenehme Situation, die bereits vorhandenen Anhänger zufriedenstellen zu müssen, sich gleichzeitig aber den Gegebenheiten der Zeit anzupassen, um so auch junges Publikum anziehen zu können.
Das Resultat waren schon Monate vor der Veröffentlichung zahlreiche hitzige Diskussionen (oder Flame-Wars, wenn man es weniger blumig umschreiben will) – „Diablo“-Veteranen zeigten sich verärgert über die Veränderungen, die die Entwickler eingebracht hatten – doch gerade einige dieser Veränderungen machen die positive Seite an „D3“ aus.Vor allem das viel-kritisierte Skill-System weiß zu überzeugen. Hat man sich erst einmal für eine der fünf verfügbaren Klassen entschieden, gibt es im Gegensatz zum Vorgänger jederzeit die Möglichkeit die 6 aktiven und 3 passiven Fähigkeiten auszutauschen. Anstatt also für den Rest des virtuellen Lebens mit einer anfangs getroffenen Entscheidung leben zu müssen, ermutigt das neue System zum Experimentieren.
Zur Auswahl steht eine recht überschaubare Anzahl an Fähigkeiten, die aber durch den Einsatz von speziellen Runen in ihrer Wirkung noch verändert werden können, und damit zahlreiche Spielstile ermöglichen – zusätzlich lassen sich die vorgeschlagenen Skill-Kategorien frei austauschen. So ist es nichts Außergewöhnliches, zwei Charaktere der selben Klasse mit komplett unterschiedlichen Skills Seite an Seite kämpfen zu sehen.
Am Spielprinzip selbst ändert sich hingegen nicht viel – kräftige Finger, die sich vom wilden Herumgeklicke nicht ermüden lassen, sind noch immer die Grundvoraussetzung und gleichzeitig der Schlüssel zum Erfolg. Kleine Verbesserungen machen sich erst bei genauerer Beobachtung bemerkbar: So lassen Monster jetzt auch Health-Orbs fallen, die die eigenen Lebenspunkte sofort regenerieren – Tränke gibt es zwar noch, auf eine eigene Leiste für diese wurde jedoch verzichtet. Praktisch: Gold muss jetzt nicht mehr extra aufgehoben werden, sondern wird aus einem kleinen Radius um den Spieler herum automatisch mitgenommen. Das sind alles Kleinigkeiten, die unterstreichen, dass Blizzard sehr wohl nach dem Motto „If it ain’t broke, don’t fix it“ vorgegangen ist – die Verbesserungen im Detail optimieren den Spielfluss und erhöhen die Geschwindigkeit, in der man die Massen an Mobs niederklickt.
Auf der technischen Seite gibt sich „Diablo III“ bescheiden, zumindest was die Systemanforderungen anbelangt – ältere Computer werden keine Probleme mit der Darstellung des Spiels haben, Diablo-Veteranen möglicherweise schon: der simple grafische Stil ist ein Schritt weg von der blutrünstigen, realistischen Atmosphäre der ersten beide Teile, hin zu cartoon-artigem Artwork, das zweifellos an „World of Warcraft“ erinnert. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber kein Minus-Punkt per se. Versöhnen sollten sich alle Lager hingegen mit dem Soundtrack lassen – dieser ist Blizzard-typisch extrem gut gelungen und macht auf akustischer Ebene eventuell verlorene Punkte bei der grafischen Umsetzung wieder gut. Hervorzuheben ist auch der Zufallsgenerator, der sich für die einzelnen Dungeons verantwortlich zeichnet: die Ziele der Quests lassen sich zwar an den selben Orten finden, der Weg dorthin ist aber immer etwas anders und sorgt so von Mal zu Mal für ein wenig Abwechslung.
Während sich also über das Gameplay kaum Schlechtes sagen lässt, stellt die Story einen großen Kritikpunkt dar. Natürlich kauft man Diablo nicht wegen der Story, werden eingefleischte Fans der Reihe sich jetzt denken, doch es stellt sich die Frage, warum dann solch großer, wenn auch fruchtloser, Aufwand dafür betrieben wird: Neben Dialogen, die zur Gänze mit Voice-Over versehen sind, stellen vor allem die Sequenzen zwischen den Akten ein optisches Highlight dar. Doch die Geschichte selbst ist an Eindimensionalität kaum zu übertreffen. Keiner der eingeführten Charaktere (auch nicht der eigene) wird in irgendeiner Weise weiterentwickelt, diese werden untermalt von einem Plot, dessen wenige Twists sich bereits zur Einführung problemlos erraten lassen.
Auf Nebenquests wurde verzichtet, und auch der in 4 Akte geteilte Mainquest lässt sich in drei oder vier ausgedehten Nachtsitzungen in der normalen Schwierigkeitsstufe – selbst von unerfahrenen Spielern – erledigen. Interaktivität sucht man ebenfalls vergebens – einfache Multiple-Choice Antwortmöglichkeiten, die letztendlich alle zum selben Resultat führen, hätten schon gereicht, um zumindest dieses Element vorzugaukeln. Zum Glück lässt sich ein Großteil der Dialoge überspringen, was bei einem Minimum von 4 kompletten Story-Durchläufen, um das höchste Level zu erreichen, dringend notwendig scheint.
Auch Blizzards Entscheidung zugunsten eines „Always-On“-DRMs, das selbst im Einzelspieler-Modus eine konstante Verbindung erfordert, wird auf wenig Gegenliebe stoßen. Die Motive, deren offizielle Version das Unterbinden von Exploits (die sich früher oder später vermutlich sowieso nicht vermeiden lassen), die inoffizielle Seite aber mit Sicherheit das vorläufige Verhindern von Piraterie darstellt, sind dabei noch weit weniger irritierend, als die Tatsache, dass die Qualität des Internetproviders den Spielspaß direkt beeinflussen kann.
Sollte man auf die Idee kommen, unterwegs Diablo zu spielen und plötzlich die Verbindung abreißen, oder aber die Latenz zum Server zu groß werden (was durchaus auch zuhause passiert), kann es sein, dass man dem monatelang gepflegten und geliebten Hardcore-Character Lebewohl sagen muss. Die konkreten Auswirkungen hat man auch zum Launch gesehen, den sich viele tausende Fans der Diablo-Reihe frei gehalten haben – Verbindungen waren in den ersten 24 Stunden nach Veröffentlichung für viele Spieler gar nicht möglich, die wenigen, die sich einloggen konnten, hatten mit Lag und unerwarteten Abbrüchen zu kämpfen.
Trotzdem bleibt ein insgesamt positiver Eindruck von „Diablo III“ zurück, zu empfehlen ist es ganz besonders für diejenigen, die sich das Spiel nur für den Multiplayer-Modus zulegen, der zumindest die nächsten Monate über unterhaltsam sein wird – selbst wenn PvP erst in näherer Zukunft verfügbar sein wird. Schade ist, dass bei einem Spiel in dieser Preiskategorie so viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt wird, während eine überzeugende Story, dafür auch gerne ohne teuer animierte Zwischensequenzen, dem Titel unheimlich geholfen hätte.
So ist „Diablo III“ ein gutes Spiel, aber kein überragendes Spiel und schon gar nicht das letzte Wort, das im „Hack-and-Slay“-Genre gesprochen wurde – auch wenn der Hype uns nichts anderes glauben lassen will.
Plattform: PC (Version getestet), Mac, Altersfreigabe (PEGI): 16, Spieler: 1-4, Erscheinungsdatum: 15.5.2012