Spiders
Originaltitel abzuändern ist immer eine fragwürdige Idee und meist keine gute. Sei es, weil der neue Verleih-Titel Spiders nur willkürlich abgenutzter erscheint wie auf den ersten Blick der Sébastien Vaničeks Creature Feature-Debüt verpasste. Oder, weil gewisse Implikationen so verlorenen gehen, wie beim zweiten Blick auf den Originaltitel des Hochhaus-Horrors.
Dessen vom Regisseur mit Florent Bernard verfasste Story klingt nicht nur nach, sondern ist eine Mischung aus Attack the Block, REC und Sting. Wobei die Parallelen mehr als Schauplatz, Struktur und Stereotypen betreffen – sowie die den deutschen Verleih-Titel gebenden Spinnen. Deren erste erwirbt der junge Kaleb (Théo Christine) illegal von einem Hehler.
Damit schleppt er die sich rasant vermehrenden Achtbeiner in seinen Hochhausblock, dessen Bewohnende sich bald von der tödlichen Invasion umzingelt sehen. Das von einem Sonderkommando abgeriegelte Gebäude wird zur fatalen Falle. Die oberflächliche Kritik an Polizeigewalt kaschiert kaum die anti-migrantischen Assoziationen und klassistischen Untertöne der unangenehm parabolisch wirkenden Handlung, deren Originaltitel Vermines sich auch auf die jungen Hausbewohnenden zu beziehen scheint.
Ein Prolog etabliert die Spinnen als mittelöstliche Art. Ihr Verkäufer, Kaleb und dessen Schwester (Sofia Lesaffre) sind arabischstämmig und repräsentieren mit der Mehrheit ihrer Hausnachbarschaft das xenophobe Klischee, manifestiert in den Spinnen. Dass diese die Protagonist*innen angreifen, spiegelt deren Streitigkeiten.
Gemessen an Genre-Maßstäben ist die derivative Inszenierung, deren schummerige Ausleuchtung mehr dem Budget-Mangel geschuldet als Atmosphäre, einzig dank der überzeugenden Darstellenden passabel. Die Krabbeltiere ähneln mehr Gummiattrappen als echten Spinnen. Das Verhalten ihrer menschlichen Beute ist oftmals unsinnig und bei weitem nicht die einzige Logikschwäche des Plots, in dem weder Suspense noch effektive Scares aufkommen.
So richtig creepy ist hier lediglich der von Rassismus und Klassismus getränkte Subtext. Dass Co-Drehbuchautor Bertrand sich in seinem eigenen Kinodebüt Es liegt an dir, Chéri romani-feindliche Witze und Sprache verwendet, wirkt umso bezeichnender. Gruseliger als alles, was auf der Leinwand geschieht, ist dessen infektiöse Ideologie.
Regie: Sébastien Vaniček, Drehbuch: Sébastien Vaniček, Florent Bernard, Darsteller: Théo Christine, Sofia Lesaffre, Jérôme Niel, Lisa Nyarko, Finnegan Oldfield, Filmlänge: 106 Minuten, Kinostart: 21.11.2024