Prince-of-Persia-The-Lost-Crown-(c)-2024-Ubisoft

Prince of Persia: The Lost Crown

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Metroidvania

Bei uns ist es irgendwann still geworden um den Publisher Ubisoft. Weder haben wir einen Diskurs über Ubisoft-The Game 41 angestrebt, noch über Ubisoft-The Game 42, -43 oder -44. Wer hat schon Überblick darüber, wo die Ubisoft IP derzeit steht.Im endlosen Ubisoft-Tartarus aus inhaltsgleichen Open-World-Wüsten, bei denen in Trostlosigkeit gekleidete Wachtürme aus der Ferne mit qualvollen Sisyphus-Aufgaben drohen und der nächste Quest-Marker in seiner blanken Verzweiflung versucht, sich in die Aufmerksamkeit des Spielers zu drängen und das Erbrochene aus Icons und Markern auf der Ubisoft-Karte irgendwie zu übertönen, um dem ganzen Leid wenigstens die Illusion von Struktur zu verleihen, wem gelingt es da noch, den Überblick zu bewahren.

Irgendwann ein Assassin’s Creed gestartet, unbestimmte Zeit später in Far Cry aufgewacht: Das amorphe Ubisoft-Life ist ein ständiger Übergang vom Grauen ins Graue ohne erkennbare Tief- oder Höhepunkte. Und so halten wir es üblicherweise so, dass „Content“, der durch seelenlose, intransparente Corporate-Prozesse künstlich konstruiert wird, im Grunde auch von seelenlosen, intransparenten Algorithmen wie ChatGPT künstlich zensuriert werden sollten, ganz ohne die Reflektion eines schwierigen, unabhängigen Online-Magazins.

Es war also eine große Überraschung, als mit Prince of Persia mal wieder ein richtiges Videospiel aus dem selben Haus erschien. Da muss man wieder einen ganz neuen Zugang finden. Ubisoft sitzt ja bekanntlich auf so einigen klassischen IPs, die künstlich tot gehalten werden, weil der passende Entscheider im mittleren Management das notwendige Sales-Argument nicht beim Powerpoint-Bingo gezogen hat.

Dass man schon länger Ambitionen in Sachen Prince of Persia hegte, war seit der Ankündigung eines Sands of Time-Remakes klar, mittlerweile ist das Projekt naturgemäß totgeschwiegen, was die illustre Vergangenheit der Reihe gut repräsentiert. Ursprünglich als atmosphärischer 2D-Plattformer mit Rotoscoping-Animationen bekannt geworden, erfand man dann irgendwann mit Sands of Time das 3D-Plattforming neu. Doch zahlreiche Sequels und Neu-Starts später war die Luft raus und es wurde ruhig um die orientalisch angehauchte Serie.

Wie mit einem Paukenschlag meldet sich nun also Prince of Persia mit dem Untertitel The Lost Crown auf der Bildfläche zurück. Gekleidet in das Gewand eines realen Genres, dem Metroidvania, begibt sich Ubisoft damit nicht nur auf Neuland, sondern sucht sich auch gleich eines der schwierigsten Genres aus, bei dem sich Meinungen scheiden und den Weg zum finalen Projekt-Milestone im Sinn der Zielgruppenforschung praktisch unmöglich machen sollten. Und trotzdem gelingt es den Entwicklern nicht nur das Quasi-Königs-Genre der Videospielwelt selbstbewusst zu besetzen, man meistert sogar den schwierigen Spagat, sich nicht irgendwie im Übermut des Neuen zu verlieren und holt die gesamte Geschichte der Reihe respektvoll ab. In diesem Sinne: Hut ab.

Zu erwähnen sind folglich zwei Seiten der Medaille: Einerseits verbringt man die Zeit mit technisch anfordernden Kampfgefechten, die stark an die Seele des Originals erinnern. Natürlich ist das alles im Jahr 2024 um ein vielfaches schneller und abwechslungsreicher. Sargon, der Protagonist, entfaltet ein wahres Feuerwerk an technischen Kombos und blitzschnellen Attacken. Schnelle Reaktionen werden belohnt, Upgrades erlauben das zusammenfügen komplexer Mikroentscheidungen, die das Beseitigen von abwechslungsreichen Gegnern, deren Bewegungsmuster eingängig studiert werden müssen, über viele Stunden hinweg spannend gestalten. Dabei bleibt der Spieler aber stets gefordert, denn Fehler werden wie im Original meist hart bestraft. Besondere Highlights sind die zahlreichen Boss-Einlagen, die mit vielen bombastischen Animationen das Budget des aufwendigen Titels spüren lassen und meistens angelehnt an das moderne SoulsLike echte Hindernisse darstellen.

Die zweite Zutat für ein Prince of Persia der Neuzeit ist das hoch komplexe Plattforming, das wiederum eher an die Zeit von Sands of Time erinnert. Man betritt hier aber weniger Neuland als mit den beeindruckenden Kampfeinlagen und so findet man das übliche Metroidvania-Arsenal an Fähigkeiten, das, zugegeben mit viel Eleganz und Backtracking, im zunehmenden Spielverlauf immer weitere Areale eröffnet. Wer Lust hat, der findet auf dem Weg unzählige knifflige Plattforming-Aufgaben, die Dank ihres optionalen Charakters den Spieler aber selten frustrieren.

Die Umgebungen, die es zu erforschen gilt, sind im übrigen alles andere als Standardware und so finden sich die detailverliebt inszenierten Levelabschnitte gespickt mit viel Persönlichkeit, wie beispielsweise einem ganzen Abschnitt mit Schiffen im Meer, bei denen die Zeit eingefroren ist. Die starke Identität der Areale erinnert an die besten Momente, die Metroid oder Castlevania zum Kultstatus verhalfen und lassen stark vermuten, dass auch diesem Titel der Status des Klassikers nicht verwehrt bleiben wird. Einzig und allein der Plot ist es, der ein wenig ins Straucheln gerät. Die unterhaltsamen Charaktere füllen das Geschehen mit persischem Flair, die Details fallen aber manchmal etwas konfus durch den Rost und Handlungsstränge verschwinden ohne Spur.

Am Ende steht ein Videospiel, wie man es dem Hause Ubisoft schon lange nicht mehr gesehen hat: Ein bedingungsloser Action-Plattformer, der sich selbstbewusst und wohlverdient an die Seite von Genre-Veteranen wie Metroid oder Castlevania stellen kann. Ein Spiel, über das man endlich mal wieder – mit all seinen Stärken und Schwächen – mit Lust und Laune diskutieren kann.

Plattform: Switch (Version getestet), PS5, PS4, Xbox Series X/S, Xbox One, Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 18.01.2024, Link zur offiziellen Website