The Dissident
Wenn die von der saudi-arabischen Regierung angeordnete Ermordung des Washington Post Journalisten Jamal Khashoggi schon das Zeug zum Pulp-Thriller hat, muss sie auch wie einer inszeniert werden!
Das dachte sich jedenfalls offenbar Bryan Fogel. Dessen reißerischer Stil ist denkbar ungeeignet für die alarmierende Chronik eines politischen Attentats. Dessen Dynamik fasziniert zum Glück für den Regisseur jedoch trotz formeller Mängel der durch infantile Computeranimationen, sensationalistischen Schnitt und dissonanten Soundtrack verzerrten Story. Was daran nicht in Co-Drehbuchautor Mark Monroes Konzept des Heldenepos und Hochglanz-Krimis passt, wird übergangen. Neben dem opportunistischen Stillschweigen internationaler Regierungsvertreter betrifft dies auch Ambivalenzen des Regimegegners.
Er war trotz seiner deutlichen Kritik am saudischen Königshaus, dessen Prinz Mohammad bin Salman laut CIA seine Beseitigung anordnete, kein Demokratievorkämpfer. Doch dies suggeriert das Heroisieren Kashoggis, der als gemäßigter Konservativer auftrat, doch der islamistischen Muslimbruderschaft anhing. Differenzierung fehlt auch der Darstellung des sich zu Kashoggis Nachfolger stilisierende Exil-Aktivisten Omar Abdulaziz, dessen Dauerpräsenz den dokumentarischen Fokus verzerrt.
Sehenswert ist die zwiespältige Reportage aufgrund der Brisanz der Thematik, deren Komplexität und Weitläufigkeit dramaturgischem Kalkül geopfert wird. Nicht nur Trump lag offenbar mehr an lukrativen Beziehungen und Gewinnaussichten als am Leben eines Journalisten, an dem ein erschütterndes Exempel staatlicher Unantastbarkeit statuiert wurde.
Regie: Bryan Fogel, Drehbuch: Mark Monroe, Bryan Fogel, Darsteller: Omar Abdulaziz, Fahrettin Altun, Hatice Cengiz, John O. Brennan, David Ignatius, Anthony J. Ferrante, Filmlänge: 119 Minuten, Digital erhältlich ab: 16.04.2021