Mein-Nachbar-Totoro-(c)-1988,-2017-LEONINE-Distribution-GmbH(3)

Mein Nachbar Totoro

8
Fantasy

Mein Nachbar Totoro zählt in Japan zu den großen Filmklassikern. Und das völlig zurecht. Großmeister Hayao Miyazaki hat hier ein Werk geschaffen, bei dem Jung und Alt in eine Welt eintauchen können, in der man sich 86 Minuten wohlfühlt.

Es ist 1958 und Professor Kusakabe (Hitoshi Takagi) zieht gerade mit seinen Töchtern Satsuki (Noriko Hidaka) und Mei (Chika Sakamoto), von der Großstadt aufs Land. Angekommen im neuen Zuhause wird den aufgeregten Mädchen schnell klar, dass es in dem Haus spukt. Aber keine Angst! Sowohl der Vater als auch die alte Haushälterin sind sich sicher, dass es sich ausschließlich um gute Geister handeln kann. Da der anliegende Wald schon seit jeher von übernatürlichen Wesen bewohnt wird, kann es vorkommen, dass sich diese auch mal in leerstehende Häuser einnisten. Für Satsuki und Mei bedeutet das vor allem eines: den Wald auskundschaften und Bekanntschaft mit ihrem neuen Nachbarn zu machen. Dem namenhaften Totoro.

 

Viel mehr gibt es zu der Handlung von Mein Nachbar Totoro auch nicht zu erzählen. Denn ganz streng genommen passiert im dritten Film von Hayao Miyazaki sehr wenig. Bis ins Jahr 1988 stehen Miyazaki und Studio Ghibli für epische Abenteuer und fantastische Welten, doch plötzlich erscheint dieser Film und erzählt eine kleine Geschichte über eine Familie und ein paar Geister. Nicht mehr und nicht weniger. Und das erstaunliche ist, es funktioniert trotzdem auf allen Ebenen. Hier gibt es keinen schrecklichen Antagonisten oder einen mitreißenden, sich von Anfang bis Ende erstreckenden, Spannungsbogen. Der Film kommt ohne gängige Genreklischees aus und schafft es sein Publikum vollends in eine malerische Welt zu ziehen.

Schwierig wird es allerdings in Worte zu fassen wie es der Film schafft ohne großartige Geschehnisse, sowohl junge als auch alte Zuseher bei Laune zu halten. Denn um dies wirklich begreifen zu können muss man die Bilder selbst gesehen und die Gefühle selbst gefühlt haben. Als Beispiel: Die Eröffnungssequenz zeigt Papa Kusakabe wie er in seinem alten vollgeräumten Auto durch eine idyllische Landschaft fährt. Vorbei an Reisfeldern, über eine kleine Brücke, unter der ein Bach plätschert und auf dem Rücksitz lachen Satsuki und Mei, weil der holprige Weg das Auto hin und her wackeln lässt. Ein leichte Brise weht durch die grünen Wiesen und sofort mach sich ein Gefühl von Geborgenheit breit. Eine Gewissheit entsteht, dass in den kommenden Minuten nichts Schlechtes passieren wird und man sich zurücklehnen und entspannen kann. Miyazaki treibt dieses Freudenspiel so weit, dass man sich dabei erwischt wie man sich sehnsüchtig wünscht diese Welt wäre echt und man könnte über das Ende des Films hinaus, in ihr verweilen.

Dank der hohen Ansprüche von Studio Ghibli sind die Animationen von Mein Nachbar Totoro auch nach über 30 Jahren immer noch auf dem neuesten Stand. Der Zeichenstil ist unverkennbar und selbst die minimalistischen und kleinen Geister haben so viel Charakter, dass sie zeitweise den menschlichen Protagonisten die Show stehlen. Wenn Totoro Bäume wachsen lässt, bleibt einem staunend der Mund offen und man freut sich mit den Kindern über die vollbrachte magische Tat.

Einziges Manko bleibt, dass Miyazaki seinem Publikum scheinbar noch nicht die ganz große Fantasie zugetraut hat. Eine riesige Katze, die ihren Körper zu einem Autobus umformen kann, ist dabei eine der wenigen Ausnahmen, aber ansonsten bleibt die Anzahl an kuriosen Wesen und Gestalten gering. Über zehn Jahre später hat es der Großmeister, mit Chihiros Reise ins Zauberland selbst bewiesen, wieviel Spaß die Absurdität seiner Ideen machen kann. Ob Mein Nachbar Totoro ein noch besserer Film geworden wäre, werden wir nie erfahren.

Es ist kein Zufall, dass Totoro das Markenzeichen von Studio Ghibli geworden ist. Für Kinder und Erwachsene in Japan, hat er einen Status wie ihn Winnie Puuh im Westen hat. Nicht nur deshalb, sollte jeder Filmbegeisterte dieses Meisterwerk mindestens einmal gesehen haben. Mein Nachbar Totoro wirkt wie ein Heilmittel gegen schlechte Laune.

Regie und Drehbuch: Hayao Miyazaki, Stimmen (Original): Noriko Hidaka, Chika Sakamoto, Shigesato Itoi, Sumi Shimamoto, Filmlänge: 86 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 10.02.2017




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