Brimstone-(c)-2016,-2018-Koch-Films(5)

Brimstone

7
Western

Wer sich auf den niederländischen Thriller aus der Feder von Martin Koolhoven einlässt, dem offenbart sich eine feministische Westernperle, die sich den Abgründen des Menschseins annimmt.

Eine stumme Frau namens Liz (Dakota Fanning) lebt während der Zeit des Wilden Westens mit ihrem Mann Eli (William Houston), dessen Sohn und ihrer gemeinsamen Tochter am Rand einer kleinen Gemeinde, wobei die junge Mutter der Beschäftigung als Hebamme nachgeht. Ihr Leben ändert sich allerdings schlagartig, als eines Tages ein radikal denkender Priester (Guy Pearce) an den Pforten der örtlichen Kirche steht, um sie mit ihrer düsteren Vergangenheit zu konfrontieren.

Die erste Besonderheit dieses Werks besteht aus der unkonventionellen Erzählweise der Geschichte. Sie ist in vier Kapitel unterteilt, welche sich im anachronistischen Stil dem Lebensweg der weiblichen Hauptfigur widmen. Durch diesen Kunstgriff fügt sich der Grund für die ominöse Verbindung zwischen Liz und dem Pfarrer erst nach und nach zu einem großen Ganzen zusammen. Koolhoven kreiert mit Hilfe von stark entsättigten Bildern seines Kameramanns Rogier Stoffers und den Klängen eines Tom Holkenborg gleich zu Beginn eine recht einnehmende Atmosphäre. Zusätzlich schreckt der Filmemacher auch nicht vor expliziter Gewalt oder lang nachhallenden Einstellungen zurück und überlässt so manchen Ausgang einer Szene einfach der Vorstellung des Publikums, um dessen Unruhe ins Unermessliche zu treiben.

Die Einbindung starker Frauenfiguren und die Kritik am christlichen Fundamentalismus bilden hier eine willkommene Abwechslung zur gewohnten Wildwest-Romantik klassischer Genrebeiträge. Obwohl die Schauplätze überschaubar bleiben, tragen sie dennoch zum stimmigen Gesamtbild bei. So wurde das Werk neben Ungarn, Spanien und Deutschland auch zu gewissen Teilen in Österreich gedreht. Lediglich die ausgiebige Figurenentwicklung mit der damit einhergehenden stattlichen Lauflänge von 148 Minuten kann etwas sperrig wirken. Der gesetzte Schlusspunkt lässt einen leider auch etwas unbefriedigt zurück.

Um diese eindringliche Atmosphäre aufrecht zu erhalten, braucht es selbstverständlich eine fähige Schauspielriege. Dakota Fanning bzw. Emilia Jones, welche hier als jüngere Version von Liz auftritt, liefern hervorragende Leistungen ab und können die seelischen beziehungsweise körperlichen Schmerzen der Protagonistin sehr glaubhaft transportieren. Guy Pearce in seiner Rolle als verabscheuungswürdiger Geistlicher schafft es aber, diese mit seinem Spiel nochmals zu überstrahlen und vollbringt in diesem Film eine seiner besten schauspielerischen Darbietungen überhaupt. Aufgrund der mangelnden Vielschichtigkeit seiner Figur bleibt allerdings etwas Potenzial auf der Strecke und daher kommt der Mime über eine reine Projektionsfläche für den Hass des Publikums nicht hinaus.

Das Werk wird des Weiteren durch prominent und passend besetzte Nebenrollen nochmals aufgewertet. So sind mit Carice van Houten und Kit Harington gleich zwei Game of Thrones-Darsteller mit an Bord, deren Screentime sich allerdings in überschaubarem Rahmen bewegt. Speziell eine der beiden Figuren bremst die Handlung merklich aus und kann die Geschichte wegen ihrer etwas plumpen Inszenierung in der Folge nicht zwingend bereichern.

Brimstone besticht trotz seiner abschreckenden Lauflänge und der vorhandenen inszenatorischen Schwächen vor allem mit seiner beklemmenden Atmosphäre, einer teils sehr drastischen Bildsprache und einem überzeugenden Ensemble, das von einer groß aufspielenden Dakota Fenning und einem Guy Pearce in Bestform angeführt wird. All diese Puzzleteile ergeben schließlich einen herrlich düsteren Geheimtipp des Western-Genres.

Regie und Drehbuch: Martin Koolhoven, Darsteller: Dakota Fanning, Guy Pearce, Kit Harington, Carice van Houten, Paul Anderson, Filmlänge: 148 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 07.06.2018




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