Off-the-Rails-(c)-2017-this-human-world

Off the Rails

8
Dokumentation

Ein sympathischer Protagonist, mit einer großen Leidenschaft, die ihm das Leben erschwert. Die Dokumentation Off the Rails ist gleichermaßen tragisch, wie skurril.

Darius McCollum steht auf Züge und Busse. Nicht nur als Passagier, sondern er steuert sie auch gerne. Er genießt es, wenn er die U-Bahn in New York fährt, wenn er Passagiere befördert, bei den Haltestellen stehen bleibt, die Durchsagen macht und alle wohlbehalten ankommen, wo sie hinwollen. Das gleiche gilt auch für die Busse des öffentlichen Verkehrs. Er ist also jemand, der diese Tätigkeit mit großer Leidenschaft betreibt, der liebt, was er tut. Das Problem ist nur, er ist eigentlich gar kein angestellter der New Yorker Verkehrslinien und wird somit als Krimineller angesehen, weil er, streng genommen, die Züge und Busse entführt. Mehr als einmal (was eine Untertreibung ist) wurde er deswegen schon verhaftet, aber trotzdem kann er damit nicht aufhören, es ist quasi eine Sucht.

Natürlich, man stellt sich da dann vielleicht gleich die Frage, wieso die Metro diesen leidenschaftlichen Zugführer nicht einfach einstellt, anstatt ihn ständig verhaften zu lassen und ins Gefängnis zu stecken, wo dieser gutmütige, freundliche Mann mit Schwerverbrechern in ein- und demselben Gebäude sitzt (und durchaus schon unfreiwillig bei einem Gefängnisaufstand zugegen war) und mittlerweile ein ellenlanges Vorstrafenregister vorzuweisen hat. Dabei ist zu bedenken, dass McCollum nie einen Unfall verursacht hat oder ein Fahrgast zu Schaden gekommen wäre. Er hat stets alle Stationen eingehalten und sich wie ein regulärer Zug- bzw. Busfahrer verhalten. Wieso wurden dann also seine Bewerbungen stets abgelehnt? Es kann ja wohl nicht daran liegen, dass er am Asperger-Syndrom leidet, oder?

Regisseur Adam Irving folgt in Off the Rails seinem Protagonisten und zeigt in einer (nachgestellten) Parallelhandlung dessen Kindheit und aufwachsen. Er lässt im Grunde alle Seiten und Parteien zu Wort kommen. Nicht nur Darius selbst, sondern auch seine Mutter, Betreuer, Anwälte, alle möglichen, die in irgendeiner Weise in diesem Fall involviert sind – und das sind mittlerweile einige, denn bei neuerlichen Vergehen könnte es durchaus sein, dass Darius eine Höchststrafe von bis zu 15 Jahren Haft drohen, wenn er wieder “rückfällig” wird.

Off the Rails gelingt der geschickte Drahtseilakt Tragik und Skurrilität seiner Geschichte und seines Protagonisten zu verbinden, ohne dabei respektlos zu wirken. Was dazu führt, dass die Dokumentation, mit ihren gesetzlichen und bürokratischen Verwicklungen stellenweise etwas geradezu kafkaeskes an sich hat. Es beleuchtet ein tragisches Einzelschicksal, aber zeigt gleichzeitig ein absurd zurückgebliebenes und rückständiges Justizsystem auf, das keine Ahnung hat, wie es mit Darius McCollum umgehen soll. Off the Rails hat zwar ein paar Längen und Wiederholungen, aber abgesehen davon ist es eine beeindruckende Dokumentation (die auf ihre nachgestellten Einschübe großteils durchaus verzichten könnte) über einen optimistischen Protagonisten im Angesicht eines destruktiven Systems.

Regie: Adam Irving, Drehbuch: Tchavdar Georgiev, Adam Irving, Darsteller: Darius McCollum, Elizabeth McCollum, Filmlänge: 89 Minuten, this human world Spielzeit: 09.12.2017, 13 Uhr, Top Kino




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