Oscar, Small Feet und Gengahr live im Wiener Flex
Gestern gab es am Donaukanal gleich drei Gründe, den Feierabend früher zu beschließen und sich im Wiener Flex in die erste Reihe zu stellen.
Fairerweise muss dazu gesagt werden, dass wir selbst ein bisschen spät in die Musikhöhle gestolpert sind und von der ersten Band des Abends, Oscar, leider viel zu wenig gesehen haben. Sie sind ebenso aus UK, gute Freunde von ihren mittlerweile über Englands Grenzen hinaus bekannten Kollegen von Gengahr, und touren ebenso das erste Mal durch Europa.
Flott nach dem Umbau kommt bescheiden und zurückhaltend die schwedische Band Small Feet auf die Bühne. Alle drei Herren sind keine Jungspunde mehr. Das stört sie aber nicht, bzw. ist ihnen egal. Kennt man die Lyrics von Simon Stalhamre, dem scheuen Sänger, kennt man sich schnell aus. Small Feet machen wunderbare, wunderbar schöne Musik. Sie machen keine Musik für große Hallen. Oder Stadien. Sie machen die Musik, die man sich in Ruhe anhört. Als Probeort – auch für sie das erste Set in Wien – hat das Flex gut hergehalten. Die Stimmung war gedämpft, das Publikum hat doch schon ein bisschen in den Startlöchern gescharrt und auf die Stars des Abends gewartet. Stalhamre überwindet sich – trotz beinahe sichtlichem Widerwillen – zum Chit-Chat mit dem Publikum. Es gelingt. Auch wenn es seinem Wesen wirklich nicht entspricht. Verlegen, nachdem er aus dem Publikum frech aufgefordert wurde, gefälligst sein Shirt zu lüften, flüchtet er sich hinter die Mundharmonika. Kaum singt er jedoch, schreit er Passagen regelrecht ins Mikrophon. Der gequälte Geist, der in ihm wohnt und in seinen Texten an die Oberfläche dringt, schimmert hervor. Auch wenn zwischen den Songs dann doch wieder Scherze über das Leben auf Tour oder das Drei-Dollar-Hemd seines Bassisten Jacob Snavely gemacht werden müssen. Kompromisse eben.
Gengahr spielen im Anschluss und zum Abschluss des Abends ein knackiges, knapp einstündiges Set. Sie sind sichtbar erleichtert, endlich ihre erste Headliner-Tour abzuliefern. Oft bedankt sich der sonst eher ein bisschen arrogant wirkende Sänger Felix Bushe beim Publikum. Er ist very glad, dass alle hier sind. Und wird ganz schnell versuchen, wiederzukommen. Zugegebenermaßen, diese vier jungen Burschen wissen, wie man Gitarre spielt. Und auch, wie man Drums spielt und gleichzeitig noch ausgezeichnet gut die Stimme halten kann. Blutjung – und ja, darauf liegt eine besondere Betonung – und mit einem gepfefferten Elan, der mitreißt. Bassist und Gitarrist links und rechts an Bushes Seite könnten als Teenager durchgehen, zappeln vielleicht ab und zu etwas unbeholfen, dadurch aber umso liebenswerter auf der Bühne. Man merkt ihnen kaum an, dass sie seit dem Release ihres Debütalbums A Dream Outside schon reichlich Bühnenerfahrung gesammelt haben. Nicht, weil sie kein sehr gutes Live-Set geliefert hätten – das haben sie, ohne Makel. Sondern weil sie sich den beinahe ungläubigen Blick ins Publikum nicht haben stehlen lassen, der es immer noch nicht ganz glauben kann, dass sie jetzt da oben stehen. Vielleicht macht aber das auch ein bisschen den Charme der Band aus – und schwächt in positivem Sinn den übermäßig starken Auftritt des Frontmannes.
Der betont eben, dass er weiß, was er kann – immerhin ist er aber auch sehr gut in dem, was er tut. Er singt gut, er spielt gut. Und er gibt seiner noch so jungen Band einen einzigartigen Sound, was unter dem Gros an Gitarrenbands aus UK keine allzu einfache Aufgabe ist. Gengahr sind, nach ihrem Auftritt am heurigen FM4 Frequency Festival in St. Pölten, und auch nach dem gestrigen Abend, eine der besten europäischen Newcomerbands des Jahres. Promise.