Synecdoche, New York
Dieses Mal in The Weekend Watch List eine überaus eigenwillige, surreale Tragödie von Drehbuchautor Charlie Kaufman, der damit auch gleichzeitig sein Regiedebüt gegeben hat: Synecdoche, New York.
Charlie Kaufman ist ohne Übertreibung ein merkwürdiger Film gelungen, erfrischend anders und Außergewöhnlich, stark verschachtelt und schwer zugänglich, ein Film, der sich einem breiten Publikum entzieht, der aber trotzdem gesehen werden sollte. Eine durchgehende Handlung wiederzugeben fällt schwer, da der Film scheinbar jenseits von Raum und Zeit spielt und somit viel mehr den Charakter eines Traums annimmt. Aber es gibt zum Glück einige Orientierungspunkte die uns durch die verworrenen Gedankengänge eines Charlie Kaufman leiten können. Angefangen bei den Einflüssen die sichtlich zu erkennen sind und von Autoren wie Franz Kafka, Thomas Pynchon und Philip K. Dick bis hin zu den Filmemachern Federico Fellini und David Lynch reichen. Diese und andere Einflüsse auf Synecdoche, New York sind mehr oder weniger offensichtlich zu erkennen, sei es nun was die Konstruktion des Films, die Struktur der Geschichte oder die Thematik an sich betrifft.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Schauspieler. Philip Seymour Hoffman liefert als Caden Cotard eine Glanzleistung ab (und macht einmal mehr den Verlust deutlich zu spüren), was in weiterer Folge auch für seine Kopie im Film, nämlich Tom Noonan gilt. Allerdings wird dem Zuschauer die Komplexität seiner Figur manchmal doch zu viel und dann fällt es schwer sich noch wirklich mit der Rolle zu identifizieren. Diese zeitweise Distanz sorgt auch dafür, dass die Geschichte manchmal ein paar langatmige Stellen hat, durch die man sich durchbeißen muss – aber es lohnt sich.
Das Drehbuch ist typisch Charlie Kaufman und wer seine vorigen Werke wie Adaption oder Vergiss mein nicht! mag, wird auch diesem eigenwilligen Film aufgeschlossen gegenüberstehen. Als Regisseur macht er im Übrigen eine ebenso gute Figur und zeigt damit, dass er viel von seinen früheren Kollaborateuren Spike Jonze (der hier ursprünglich die Regie führen sollte) und Michel Gondry gelernt hat. Stil- und Zielsicher inszeniert er sein Drehbuch, stets in Kontrolle, ohne zu dominant zu werden und sich in den Vordergrund zu drängen. Sein Inszenierungsstil passt perfekt zu seinem Drehbuch und es bleibt abzuwarten wie (und ob) er seine kommenden Drehbücher in Szene setzt.
Das Beste an dem Film ist jedoch, dass er viele Fragen aufwirft und so gut wie keine davon beantwortet. Ob man das nun mag oder nicht ist Geschmackssache, aber es ist auf alle Fälle eine angenehme Wohltat, vor allem wenn man bedenkt, dass einem heutzutage in Filmen (ganz besonders in amerikanischen) oft alles dermaßen vorgekaut wird. Dabei sind Zuschauer durchaus in der Lage ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Bei Synecdoche, New York hat man dazu nun reichlich Gelegenheit. Mag sein, dass es zu viele Fragen und zu wenige Antworten gibt, aber gerade das macht den Reiz des Films aus.
Wer auf verschrobene, surreale, zeitlich und räumlich verschachtelte, schwer zugängliche Filme, die mehr Fragen stellen, als Antworten geben, steht, der wird hier bestens bedient. Synecdoche, New York hat ein unverschämt originelles und eigenwilliges Drehbuch, eine selbstbewusste Regie, die zu jedem Zeitpunkt dem Zweck der Geschichte dient, und eine Riege hochkarätiger, bestens agierender Schauspieler. Er behandelt solch große Themen wie die Frage nach der eigenen Identität, dem Umgang mit dem Tod und was man mit der Zeit die man zur Verfügung hat am besten anfängt. Definitiv ein wagemutiges, poetisches Filmhighlight, das man auf jeden Fall einmal gesehen haben sollte.
Regie und Drehbuch: Charlie Kaufman, Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Catherine Keener, Michelle Williams, Samantha Morton, Tom Noonan, Filmlänge: 118 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 10.03.2009, www.sonyclassics.com/synecdocheny