K’s Choice – The Phantom Cowboy
Woran denkt man zuerst, wenn man den Begriff „Cowboy“ aufschnappt? Ja, richtig. An den Wilden Westen, an das tiefste Amerika im ureigenen Sinn, an Prärie, Pferde, an den American Dream.
Dass der Titel des neuen K’s Choice Albums sich all dieser Stereotypen – direkt und indirekt – bedient, lässt sich schon auch ein bisschen an den einzelnen Tracks heraushören. Ein bisschen amerikanischer ist es geworden, ein bisschen mehr Americana. Die belgische Band rund um Superwoman Sarah Bettens nimmt offenbar nicht umsonst mittlerweile in ihrer Wahlheimat Johnson City, Tennessee, ihre Lieder auf. Beziehungsweise komponiert sie zumindest da. Sie unterstützt die Welt zwar nicht beim Pferdezähmen, aber immerhin beim Brände legen: Hat sie gerade genug von der Musik, ihrer Frau oder ihren vier Kindern, löscht sie als Feuerwehrfrau wohl nicht nur Buschbrände.
Wir kennen die vorherigen Alben von K’s Choice als die Art von Musik, die wir vor allem – im Zuge der 90er Jahre – gern als rebellische Teens gehört haben. Melancholische Melodien waren da verwoben mit Texten, die sich einfach so angehört haben, als verstünde einen da jemand. Auf der Suche nach life, love, whatsoever. Mit dem neuen Album, das da eben The Phantom Cowboy betitelt wurde, wagt die Band jedoch den Schritt in eine neue Richtung: lauter, dreckiger ist es geworden. Dass sich im Laufe einer 20-jährigen Bandgeschichte schon einiges verändern kann, ist aber eigentlich klar. Wohlfühlballaden wurden also getrost beiseite gelassen, um auf dem siebten Studioalbum vor allem – und dies mit Unterstützung von einem guten Freund Dave Grohls, Alain Johannes – krachend Zeugnis abzulegen.
Schwingt gerade bei den ersten Nummern des Albums noch die verträumte Gelassenheit, die Grungeattitüde der genannten 90er Jahre mit, tummelt sich bei Nummern wie Woman oder Private Revolution eine Mixtur aus Bluesrock und Alternative Rock. Dass sich die dunkle Stimme von Sarah Bettens hier anschmiegt und in das Genre schlüpft, als wäre es ein Kinderspiel, spricht für sich. Ein bisschen Roadtrip-Feeling darf aber auf einem „echten“ amerikanischen Album, wenn man an diesem Punkt kleben bleiben möchte, auch nicht fehlen. Verschrobene Gitarren, eine bassgetriebene Alternative zu den frühen Pearl Jam oder ein klapperndes Piano sind uns hier die angenehmen Wegbegleiter durch eine Prärie, wie man sie sich beinahe bildlich vorstellen kann.
Damit die Platte aber nicht in eine möglicherweise klischeehafte Variante von musikalischer Westernatmosphäre abdriftet, wird schnell noch ein bisschen Schubidu in Rockabilly-Manier eingeschoben: „I was wrong about everything“ hüpft keck durch die Boxen.
Neue Wege einschlagen: Gerne. Auf altbewährte Rezepte setzen: ebenso. K’s Choice verweben ihre Talente mit neuen Inputs, was gelingt, auch wenn das Album nicht ganz so einschlagen wird wie ihre Erstlinge. Dazu haben sie wohl entweder damals zu sehr oder nun zu wenig den Nerv der Zeit getroffen.
K’s Choice – The Phantom Cowboy, Wallaby / Sony, www.kschoice.rocks