Jonathan Jeremiah – Oh Desire
Unser liebster Barde aus dem Norden, Jonathan Jeremiah, hat sein drittes Soloalbum vorgelegt. Er hält dabei nicht alle Versprechungen, macht unser Herz aber doch noch immer wieder springen.
Oh Desire. Darf man ein Album überhaupt so nennen? Oje, in einer Welt der Antiromantik, der hellhörigen Kitschverweigerung und der absoluten Coolness, wo Liebesgeständnisse – und schon gar triefende Liebesschwüre! – gar keinen Platz mehr haben, scheint das nicht so. Aber gut. Das sind ja auch nur Phrasen. Immerhin gibt es fast nichts Schöneres, als bei den Vorgängeralben (Solitary Man und Gold Dust) ein bisschen in verliebter Harmonie zu schwelgen. Dass Jonathan Jeremiah sich – samt Band – über dem durchschnittlichen Niveau der unzähligen englisch/schottisch/irischen Singer-Songwriter bewegt, muss eigentlich nicht erwähnt werden. Das beweist er auch auf seinem dritten Streich.
Nur – was ist’s, das fehlt? Ein bisschen Heart of Stone, ehrlich gesagt. Oder ein bisschen Forever Shall be Ours. Immerhin, bei Wild Fire müssen wir das erste Mal auf forever repeat drücken. „I got you in my heart, yeah. I got you in my soul, yeah“. Das wollen wir zugleich dem Liebhaber, der Schwester und der besten Freundin zuschreien, so unumwunden schön ist das. Und kitschig. Und aber schön!
Aber leider wird es dann ein bisschen holprig. Den Soul hat Jonathan Jeremiah noch immer fest in der Hand, das beweist er immer wieder (Smiling, Rosario), aber ganz packt uns sein Soul auf dieser Platte doch nicht. Jedenfalls nicht zu 100 Prozent. Was auf den Vorgängeralben so wunderbar funktioniert, scheint hier ein bisschen in Funkenlosigkeit überzugehen – und dabei sieht man, legt man eine seiner Platten ein, das Lagerfeuer beinahe schon metaphorisch vor dem geistigen Auge aufsteigen. Deshalb machen wir doch eins aus: Wir nehmen dieses dritte Album, wenn es auch vielleicht nur 70 Prozent zu dem Geschütz auffährt, das wir eigentlich von Jonathan Jeremiah erwarten, auch gerne an. Immerhin hat es ein paar Glanzlichter parat – und in Summe könnten wir doch nie verzichten. Dieser Bariton! Und weiter geht’s: „I got you in my heart, yeah.“
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