When Animals Dream
Marie kommt nach ihrer Mutter. Eine Tatsache die nicht nur ihrem Vater zu schaffen macht, sondern ein ganzes Dorf ängstigt. Das Spielfilmdebüt von Regisseur Jonas Alexander Arnby When Animals Dream ist ein andersartiger Horrorfilm, der weniger auf Handlung und mehr auf Gefühl setzt und dabei skandinavischen Schwermut auf die Leinwand bringt.
When Animals Dream erzählt die Geschichte der jungen Marie (Sonia Suhl), die mit ihrem Vater (Lars Mikkelsen) und ihrer an den Rollstuhl gefesselten Mutter (Sonja Richter) in einem Fischerdorf an der dänischen Küste lebt. Marie ist ein stiller Teenager, der nur schwer Vertrauen fasst. Nur Daniel (Jakob Oftebro) zaubert ihr ein Lächeln auf die Lippen, den sie bei der gemeinsamen Arbeit in einer Fischfabrik kennen lernt. Die Arbeit in der Fischfabrik macht es jedoch ihrem Vater schwerer sie vor den misstrauischen Blicken der Dorfbewohner zu schützen. Als sich Maries Körper sichtbar zu verändern beginnt und sich das Mädchen über ihre zuvor totgeschwiegene Familiengeschichte klar wird, werden die Dorfbewohner nervös und schmieden einen Plan.
Arnby führt den Zuseher langsam aber stetig in die Geschichte ein und verbindet die Thematik des Horrorgenres mit einem schwermütigen Thriller, der auch auf die Komponenten einer Liebesgeschichte setzt. Die karge, rohe Landschaft von Jütland im Norden Dänemarks sorgt für die richtige Stimmung. Für Arnby war es wichtig, die Umgebung so realistisch und glaubwürdig wie möglich erscheinen zu lassen, weshalb im Film auf allzu kräftige Farben und aufwändiges Design verzichtet wird. Auch sind die Dialoge auf ein Minimum reduziert und die Wortfetzen die hier und da aufkommen, sind kurz und bündig und gehen dadurch beinahe unter.
Im Gegensatz zum minimierten Dialog scheinen die Hintergrundgeräusche wie das Rauschen der rauen See hervorgehoben und musikalische Untermalung kommt nur vereinzelt, an Stellen die den Horror wiederspiegeln, zum Einsatz. Obwohl die Musik ein wichtiges Element zur Schaffung von Atmosphäre ist, und Arnby sie gezielt einzusetzen versucht, um dem Publikum nicht vorzugeben, was es zu fühlen hat, kommt das Element leider zu kurz. Die fehlende musikalische Untermalung unterstreicht zwar die Stille des Films, doch in Kombination mit der langsamen Erzählung und den langen Einstellungen scheint der Film vor allem in der ersten Hälfte langatmig.
Die Erzählung präsentiert sich authentisch, wie auch die Charaktere realistische Züge haben. Dabei lässt Arnby den beliebtesten Schauspieler Dänemarks Lars Mikkelsen zusammen mit der völlig unbekannten Sonia Stuhl zusammentreffen, was sich als gute Entscheidung erweist. Alle Charaktere haben Tiefe und etwas Geheimnisvolles an sich, dass durch den fehlenden Dialog und die verstohlenen Blicke noch verstärkt wird. Neben den Charakteren kann sich auch die Story durchaus sehen lassen, denn sie präsentiert sich als interessant, lässt Lücken für eigene Interpretationen und hält einem doch bis zum Ende des Filmes fest, da der Zuseher die Hintergründe für das Verhalten der Charaktere nur in Häppchen serviert bekommt. Ein Thriller-Element, das man nicht missen möchte. Und auch Horror-Fans bekommen ein blutiges Häppchen.
Man sollte jedoch nicht in Versuchung kommen When Animals Dream mit anderen Werken des Horrorgenres zu vergleichen, da kaum Überraschungselemente und nur wenige Schockmomente auftauchen. Es stehen eher die Charaktere und die Geschichte im Vordergrund. Wenn überhaupt sollte man den Film mit anderen skandinavischen Produktionen in Bezug setzen -wie etwa mit der schwedischen Vampirgeschichte Let the Right One In aus dem Jahr 2008, in dessen Fußstapfen Arnby mit seinem Spielfilmdebüt wandelt. Denn beide Filme veranlassen eine junge Frau im ähnlichen Stil dazu mit ihrer animalischen Seite in Kontakt zu treten und verbinden eine Horrorthematik mit einer Coming-of-Age Story mit Liebesfilmnuancen.
Regie: Jonas Alexander Arnby, Drehbuch: Rasmus Birch, Darsteller: Sonia Suhl, Lars Mikkelsen, Sonja Richter, Jakob Oftebro, Mads Riisom, Filmlänge: 84 Minuten, Kinostart 22. 08. 2014