Sizarr im Interview: „Werden lieber unterschätzt“
Schon im Oktober letzten Jahres interviewte pressplay-Redakteur Stefan das von Musikkritikern gehypte Trio, das damals auf seiner ersten eigenen Tour unterwegs war. Was sich seitdem geändert hat und weshalb Sizarr „Psycho“ sind, verrieten sie in unserem Interview Backstage beim Frequency Festival.
pressplay: Unserem Redakteur Stefan habt ihr letztes Jahr im Interview – nachdem euer erstes Album „Psycho Boy Happy“ erschienen war – geschildert, dass ihr nun endlich nicht mehr erzählen müsst, wie ihr klingt und was ihr macht. Müsst ihr euch als Band noch immer erklären?
Fabian: Ja, wir werden noch immer gefragt, welche Bedeutung unser Bandname hat, ob es einen Unterschied macht, dass wir aus dem kleinen pfälzischen Landau kommen und nicht aus einer Großstadt, usw.
Philipp: Bis letztes Jahr war es für die Leute auch schwierig, sich ein Bild von uns zu machen, da wir bis dato kein Album veröffentlicht hatten und so man ein paar Songs nur durch unsere Live-Auftritte und das Internet kennen konnte. Wenn wir aber jetzt noch immer erklären sollen, wie unsere Musik klingt, verstehen wir das nicht so richtig. Man muss sich doch nur unser Album anhören (lacht).
Ich habe mich mal auf Wikipedia umgeschaut, da steht in der deutschsprachigen Version, dass ihr „Indie-Rock Elekro-Pop“ macht, auf der englischsprachigen Seite – die übrigens viel mehr über eure Band hergibt als die deutsche Version – steht was von „Electronic Post-Punk“…
Marc: …letzteres ist totaler Schwachsinn! Philipp und ich haben zwar bevor Fabian zu unserer Band gestoßen ist Punkmusik gemacht, aber was Sizarr heute macht hat gar nichts mehr damit zu tun.
Fabian: Ich kann mir vorstellen, dass das ein britischer Journalist der BBC geschrieben hat, der uns mal in Hamburg bei einem Konzert gesehen und interviewt hat. Post-Punk hört sich gleich so hip an und dass man „Trend“ ist. Zwar gab bzw. gibt es einen Hype um unsere Band, doch der geht bisher eher von den Musikkritikern aus (Anm. d. Red.: Der britische Guardian kürte „Fake Foxes“ im Jänner 2012 zu einem der Songs des Monats). Wir wollen wie alle anderen Künstler, dass unsere Musik gehört wird. Genauso wenig halten wir aber etwas von der Diskussion, ob man sich als Indie- oder Mainstream-Band versteht. Viele Indie-Bands hatten ihre Chart-Hits und sind so gleich als Mainstream abgestempelt wurden, da viele Erfolg mit Mainstream gleichsetzen. Dabei setzen wir Indie nicht mit Erfolg gleich, sondern dass wir weitestgehend alles selbst machen.
2012 habt ihr mit dem Majorlabel Sony einen Plattenvertrag abgeschlossen. Hat das etwas an eurer Entscheidungsfreiheit als Künstler geändert?
Philipp: Wir haben Gott sei Dank immer die richtigen Leute um uns gehabt, die uns ehrlich beraten haben in Dingen, mit denen wir bisher nicht so viel zu tun hatten. Wenn es um Verträge, Rechte & Co. geht lernen wir gerne dazu, denn Musiker zu sein hat viel mehr damit zu tun, als nur Songs zu schreiben und live spielen. Man wird schon zu einer Art Businessmann in der Musikbranche (lacht).
Fabian: Anfangs haben wir die Scripts unserer Musikvideos selbst geschrieben und unsere Vorstellungen gut umsetzen können. Je mehr man aber zeitlich eingespannt wird, desto besser ist es Leute um sich zu haben, denen man vertrauen kann und die wissen, was wir wollen. Teamarbeit ist da ganz wichtig und Kompromisse einzugehen, aber ohne, dass wir unsere Grundvorstellungen aufgeben müssen! Das ist genauso, wenn wir zu dritt an neuen Songs arbeiten – wenn einem was nicht gefällt und den anderen beiden schon, dann gewinnt die Mehrheit.
…und da ihr drei Personen seid, gibt es da am Ende immer eine Entscheidung (lacht). Schreibt ihr eigentlich schon Songs für ein neues Album?
Philipp: Ja, wir sind schon fleißig dran. Es ist nur anstrengend während man tourt und gleichzeitig Studioaufnahmen macht wie es bei Psycho Boy Happy der Fall war. Am besten ist es sich mehr Zeit am Stück zu nehmen und sich nur aufs Songschreiben und Aufnehmen zu konzentrieren.
Was hat es mit „Psycho“ auf sich? Euer Album und ein Songtitel trägt dieses Wort in sich…
Fabian: …das hatte keine bestimmte Bedeutung, es hat sich in beiden Fällen einfach gut angehört. Wir entscheiden immer nachdem alle Songs eingespielt sind, wie sie überhaupt heißen sollen. Quasi überlegen wir uns dann nach den Albumaufnahmen Song für Song, ob der Títel den Text widerspiegeln soll oder sich einfach nur gut anhört. Z.B. haben wir einen Song „Tagesdieb“ genannt, obwohl darin kein einzige Textzeile auf deutsch ist. Das Wort hat uns einfach nur gefallen (lacht).
Könnt ihr euch noch an den ersten Song erinnern, den ihr jemals geschrieben habt?
Marc: Oh ja! Da waren Philipp und ich ungefähr 9 oder 10 Jahre alt und haben auf Hip Hopper gemacht. Ich muss den irgendwo noch Zuhause haben. Der Song war ziemlich scheiße…
Philipp: …so in Richtung belehrender Rap wie Samy Deluxe…
Marc: … also auf deutsch, aber das haben wir lieber sein lassen. Die Musik, die wir jetzt machen, ist genau unser Ding und überlassen Hip Hop lieber anderen Künstlern.
Wenn ihr die Wahl hättet: Lieber unterschätzt oder zu viel gepriesen zu werden? Bzw. wie arbeitet ihr unter Druck?
Philipp: Wenn man unterschätzt wird, dann haben andere keine hohen Erwartungen an dich und du kannst in Ruhe dein Ding durchziehen. Denn man kann eigentlich nur positiv überraschen. Wobei natürlich es die Tendenz gibt zu faul zu werden auch nach hinten losgehen kann.
Fabian: Ich werde auch lieber unterschätzt, da es weniger stressig ist anderen gerecht werden zu müssen. Ein wenig Druck muss sein, aber den sollte man sich lieber selbst machen. Wir sind auch unsere größten Kritiker.
Viele Musiker sind privat eher introvertiert, zeigen auf der Bühne aber ein anderes Gesicht. Wie schaut es bei euch aus?
Philipp: Also ich finde schon, dass sich Fabian viel mehr auf der Bühne bewegt als wenn er selbst bei einem Konzert im Publikum steht.
Fabian: Natürlich denke ich daran, dass das Publikum eine gewisse Show geboten bekommen will. Da gehört heutzutage mehr dazu als nur mit Instrumenten dazu stehen und gut zu singen, sondern auch zwischendurch mit den Leuten zu reden, zu interagieren und sich auf der Bühne zu bewegen. Zwar werde ich nie ein Entertainer werden, aber ein bisschen Mühe muss sich jeder geben (lacht).
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