Nachtzug nach Lissabon
Mit den Bestsellerverfilmungen Das Geisterhaus von Isabel Allende und Fräulein Smillas Gespür für Schnee von Peter Høeg hat der dänische Regisseur Bille August schon Vorarbeit für Nachtzug nach Lissabon geleistet. Die Romanvorlage stammt von Pascal Mercier und als Protagonisten werden Stars wie Jeremy Irons, Mélanie Laurent und Jack Huston eingesetzt.
Der von Jeremy Irons dargestellte Lehrer Raimund Gregorius rettet auf einer Brücke in Bern einer jungen Portugiesin das Leben, nimmt sie mit in die Schulklasse und als sie einfach abhaut, läuft er ihr mit ihrem roten Mantel nach, findet sie jedoch nicht mehr. In der Seitentasche des Mantels entdeckt er ein Buch des portugiesischen Arztes Amadeu de Prado (Jack Huston) und ein Zugticket nach Lissabon. Kurzentschlossen setzt sich Gregorius in den Zug und lässt Bern hinter sich. Was danach passiert, ist die Suche nach dem Autor des Buches, das Gregorius zu fesseln scheint. Er trifft auf die Schwester von Amadeu, Adriana (Charlotte Rampling), und auf die von Martina Gedeck gespielte Augenärztin Mariana, die dem etwas verwirrt wirkenden Lehrer eine neue Brille verpasst. Außerdem kennt auch sie jemanden, der ihm in Sachen Amadeu de Prado weiterhelfen kann. Auch Christopher Lee kommt als Vater Bartolomeu und ehemaliger Lehrer Amadeus ins Spiel.
Der Hauptdarsteller zitiert immer wieder aus dem Buch – selbst in manche Szenen fließt Merciers philosophischer Roman ein. Der beste Satz im Film: „Wenn die Diktatur eine Tatsache ist, ist die Revolution eine Pflicht.“ Leider kommt während der fast zweistündigen Vorführung die Hintergrundgeschichte etwas zu kurz, dafür gibt’s ein paar Wiederholungen aus der Sicht von jeweils anderen Personen. Unwirklich erschien die gewählte Filmsprache, nämlich Englisch. Raimund Gregorius spricht mit dem Direktor seiner Schule, einem gewissen Herrn Kägi – schon der Name hat etwas Schweizerisches an sich – ganz selbstverständlich auf Englisch, unterhält sich mit allen Portugiesen in genau derselben Sprache und die wiederum können perfektes Englisch, so als hätten sie es seit der frühesten Kindheit an gelernt. Zumindest versuchen die Schauspieler, einen portugiesischen Akzent einfließen zu lassen, doch das wirkt bei einigen Darstellern etwas aufgesetzt.
Die Highlights oder Besonderheiten von Nachtzug nach Lissabon kurz zusammengefasst:
- Die Anfangssequenz, in der man einen Einblick in des Lehrers leeres Leben erhält.
- Die Langsamkeit und teilweise Starrheit, die der Film trotz Rückblenden nur einmal durchbricht, und diese Szene, in der der „Schlächter von Lissabon“ Mendez vorkommt, ist alles andere als angenehm.
- Das Ende, denn hier hat der Zuschauer endlich mal die Gelegenheit, sich in die Hauptrolle hineinzuversetzen, ohne dass zu viel verraten wird.
Alles in allem ein Film für das ältere Kinopublikum (wer Tom Courtenay in Das Quartett mochte, dem gefällt er in diesem Streifen sicher auch), für Fans von Literaturverfilmungen oder Menschen, die sich gerne fremd-philosophischen Gedanken nach dem Sinn des Lebens hingeben und über die sprachlichen „Fehler“ hinwegsehen können. Außerdem eine gute Einstimmung für Portugal-Reisende.
Regie: Bille August, Drehbuch: Greg Latter, Ulrich Herrmann, Darsteller: Jeremy Irons, Mélanie Laurent, Jack Huston, Charlotte Rampling, Martina Gedeck, Tom Courtenay, Bruno Ganz, Filmlänge: 110 Minuten, Kinostart: 07.03.2013, www.nighttrain-film.com