Far Cry 3
Das Tropenfeeling ist mit Ubisofts Far Cry 3 nun endlich zurückgekehrt. Nach einem eher enttäuschenden zweiten Teil findet die Shooter-Serie erneut ihren Weg auf eine exotische Insel im Südpazifik, vollgestopft mit hübschen Ausblicken und lebensbedrohenden Insulanern. Schon im Vorfeld wurde viel mittels diverser eindrucksvoller Trailer versprochen: Sex, Gewalt, überzeugendes Insel-Flair sowie eine tiefgreifende Storyline rund um Wahnsinn und Verzweiflung machte die Gamer-Community hellhörig. Und so war dann auch die Erwartungshaltung zum Spielbeginn entsprechend groß. In der Rolle des Urlaubers Jason Brody wird der Spieler auf einen exotischen Trip zusammen mit seiner aus seinen zwei Brüdern und einigen Freundinnen bestehende Clique geschickt, welcher zunächst noch aus Aktivitäten wie Fallschirmspringen und Jet-Ski besteht.
Als die Gruppe aber im nächsten Moment von skrupellosen Piraten unter der Führung des offensichtlich verrückten und gewalttätigen Vaas gefangen genommen bzw. gefoltert wird, um sie (im besten Fall) gewinnbringend wieder zu verkaufen, ändert sich auch das Leben von Jason schnell. Nach einer recht kurzen Einleitung in erste grundlegende Spielmechaniken wird der Spieler auch schnell in die Wildnis der Tropeninsel entlassen. Unter gelegentlicher Mithilfe bzw. Leitung einer heimischen Rebellentruppe (die Rakyat) obliegt es nun der Waffengewalt und des Listenreichtums des Protagonisten, seine Gruppe zu befreien und einen Weg in die Heimat zu finden.
In Sachen Gameplay bietet Far Cry 3 zunächst recht herkömmliche Kost: Gegner werden im Pfeil- und Kugelhagel, mittels Machete oder per Granaten/Molotow-Cocktail-Wurf über den Jordan geschickt, ein Waffen- bzw. Gegenstandsauswahlrad ermöglicht den schnellen Wechsel der Werkzeuge, mit denen man die Feindesschaar bekämpft. Interessanter gestaltet sich dann schon die Integration einer Takedown-Mechanik, mit der die nichtsahnenden Piraten unbemerkt und überaus effizient überwältigt werden können. Eine an Rollenspiele angelehnte Ausbaufähigkeit ermöglicht zudem die Weiterentwicklung jener Talente, damit zum Beispiel leblose Körper nach dem Takedown versteckt oder auch etwa Messer, Pistolen oder Granaten, die der Feind am Körper trägt, im gleichen Moment weiterverwendet werden können. Auch die vorherige Sondierung der Lage mittels Fotoapparat, der als Fernglas und Gegnermarkierer fungiert, zeugt von Kreativität.
Der Wechsel zwischen rasanten Feuergefechten und Stealth-Takedowns funktioniert dank der Ausgewogenheit beider Mechaniken recht gut, auch wenn man die gegnerische Intelligenz manchmal am falschen Fuß erwischen kann. Immerhin präsentiert sich Far Cry 3 nicht so unfair wie sein Vorgänger, in dem man auch auf kilometerweite Entfernungen und bei perfekter Tarnung binnen Sekunden auszumachen war.
Neben den diversen Missionszielen wie der Rückeroberung von Außenposten, Zeitrennen zu verschiedenen Punkte auf der Landkarte oder Erklimmen von Funktürmen zur Offenlegung der gigantischen Inselareale (a la Assassin’s Creed) zeigt sich Far Cry 3 vor allem in Sachen Flora und Fauna von seiner stimmigsten Seite. Ob nun Leoparden, Wildschweine, Bären oder sogar Haie – alle trachten nach dem Blut des unvorsichtigen Spielers. Im Gegenzug können erlegte Tiere für diverse Erweiterungen verwendet werden, um etwa mehr Geld, Munition oder dergleichen aufnehmen zu können. Auch diverse Pflanzenarten können zur Mischung von Heiltränken oder Kampfbooster verarbeitet werden, das den RPG-Charakter des Spiels zusätzliche Tiefe verleiht.
Leider bietet die mit Fundstücken aller Art (Briefe zum Hintergrund der Insel, Schatzkisten, Datensticks) gespickte Insel kaum nennenswerte Abwechslung. Natürlich wollen Berggipfel erklommen werden, um dann elegant mittels Paragleiter oder Wingsuit in weit entfernte Täler mit Wasserfällen zu traversieren; lange Wanderungen durch überwucherte Dickichte hin zu entlegenen Lichtungen, dunklen Höhlen oder einsamen Stränden unternommen werden – aber wirkliche Sehenswürdigkeiten wie ein alter Schiffsfriedhof oder ein maroder Leuchtturm stellen die Ausnahme der Regel dar. Auch in Sachen Gegnervielfalt gibt sich Far Cry 3 bescheiden, so das die diversen Opfer sich nur durch deren Waffengattung (Schrotflinten- oder Macheten-Nahkämpfer, Scharfschütze, gepanzerter Maschinengewehrträger etc.) unterscheiden – bei nahezu gleichbleibender optischer Erscheinung.
So interessant sich die Handlung von Far Cry 3 in den anfänglichen Stunden – vor allem über die wenigen Nebencharaktere, die eine zentrale Rolle einnehmen – auch aufbaut, so unglaubwürdig entwickelt sich der Hauptcharakter Jason in weiterer Folge. Vom verweichlichten, ängstlichen Sunnyboy ohne Kampferfahrung zum auserwählten Supersoldaten mit übermenschlichen Fähigkeiten in kürzester Zeit? Kein Problem, die hauchdünne Story kümmert sich nicht wirklich um die Weiterentwicklung des Charakters. Lediglich gegen Ende von Far Cry 3 werden einige interessante Elemente rund um moralische Implikationen aufgeworfen – und ebenso schnell wieder vergessen. Die Nebencharaktere (mit kreativen Namen wie „Daisy Lee“, „Liza Snow“, „Dennis Rogers“ oder „Sam Becker“), allen voran der Oberwahnsinnige Vaas, sind zwar allesamt fantastisch in Szene gesetzt worden, allerdings größtenteils nur auf der optischen Ebene mit grandiosen Animationen, so das auch der Tod einiger Figuren dank fehlender emotionaler Bindung mit dem Spieler kaum eine große Rolle spielt.
Es gibt also viel zu tun in Far Cry 3: Piraten wollen mit Stil und Taktik erledigt werden, was dank gelungener Abwechslung aus Stealth- und Shooter-Elementen sehr gut funktioniert. Das Inselsetting macht anfangs Laune, spätestens nach dem fünften erklommenen Funkturm, der fünfzigsten gesammelten Pflanze und dem hundertsten Blick auf die immer gleichen Gegnerpatrouillen stellt sich eine gewisse Sättigung ein. Kleinere Bugs (wie der etwas zu rasche Tag-Nacht Wechsel), die umständliche Handhabung des Auswahlrades und der aufgesetzte Ko-Op bzw. Multiplayermodus tragen negativ zum Gesamtbild bei. Die größte Enttäuschung stellt allerdings die hauchdünne Story dar, die zwar einige interessante Ideen in den Raum stellt, dies dann schnell wieder zugunsten brachialer Action überwirft.
Plattform: PC, PS3 (Version getestet), Xbox 360, Spieler: 1, 2 kooperativ, 2-12 online, Altersfreigabe (PEGI): 18, Release: 30.11.2012