On the Road – Unterwegs
Hin und wieder zurück – das Tagebuch einer Reise. Einer der bedeutendsten amerikanischen Romane findet endlich den Weg auf die große Leinwand. Jack Kerouacs erfolgreichster Roman „On the Road“ galt lange Zeit als unverfilmbar, Walter Salles will das Gegenteil beweisen…
Der junge Schriftsteller Sal Paradise (Sam Riley) trifft mit seinen Freunden auf den abenteuerlichen Dean Moriarty (Garrett Hedlund) und dessen junge Frau Marylou (Kristen Stewart). Daraus entsteht eine Seelenverwandtschaft und Reisegemeinschaft die ihresgleichen sucht. Auf ihren Reisen über Denver, Kalifornien und Mexiko lassen sie nichts unversucht und überleben durch kleinere Gaunereien und Tagesjobs, sowie das Wohlwollen ihrer Familien. Beziehungsfäden werden gesponnen und wieder aufgelöst, im „Stream of Consciousness“ fließt man durch die vielfältigen Drogenerfahrungen. Die Jahre ziehen vorbei und immer seltener kreuzen sich die Wege, bis sie sich schließlich vollends auseinander bewegen.
„On the Road“ mutet an wie die Arthouse Version einer HBO-Literaturverfilmung. Kerouacs Roman galt als Wegweiser der Beatnik Kultur – Ende der Fünfziger Jahre. Der Film bedient zwar das richtige Jahrzehnt, wird aber auf die meisten Zuschauer doch eher wie eine Schilderung der Sechziger wirken. Walter Salles – den man schon von den „Motorcycle Diaries“ kennt – inszeniert den Film stimmig und mit Humor. Keine Sex- oder Drogenszene wird ausgelassen und Kristen Stewart scheint es sichtlich Spaß zu machen, vor der Kamera wild sein zu dürfen.
Während die drei Protagonisten eine konstant starke Leistung abgeben, sollte man besonders auf die Gastauftritte achten: Kirsten Dunst, Amy Adams und vor allem Viggo Mortensen als Old Bull Lee (das reale Vorbild zu dieser Figur war im übrigen William S. Burroughs, ebenfalls ein essenzielles Mitglied der Beatniks) haben kurze, aber signifikante Szenen. Sam Riley und Garrett Hedlund spielen ihre Rollen tiefgründig und ernsthaft – sie zeigen die wahre Bedeutung einer Bromance, eines Buddymovies.
Allerdings ist es unvermeidbar „On the Road“ mit gemischten Gefühlen zu sehen: Gesellschaften ändern sich und der Trend zur Revolution gegen das Leben der Eltern ist heute nicht mehr so prägnant. Die Freiheit, die ein eigenes Auto und ein Road Trip als solches mit sich bringt, ist kaum zu vergleichen und wird auch hier treffend wiedergegeben. Dennoch hat diese Thematik ihre ursprüngliche Befreiungssymbolik verloren.
Der Streifen schildert über mehrere Jahre hinweg wie der Protagonist durch seine Erfahrungen geformt und gebildet wird – leider bleiben die Entwicklungen der anderen Figuren dabei auf der Strecke zurück. Dies könnte zwar auch der Romanvorlage zu Lasten gelegt werden, hätte im ohnehin sehr langen Film aber durchaus einige Szenen ersetzen können. Wer sich am philosophischen Ende des HBO Spektrums wohlfühlt oder im Allgemeinen stimmungsvolle Literaturverfilmungen mag, wird hier genau richtig sein.
Party- oder Klamaukszenen im Stil von „Hangover“ darf man nicht erwarten. „On the Road“ regt durchaus zum Nachdenken an und hoffentlich zum Lesen der Romanvorlage. Empfehlenswert für lauschige Abende mit Wein und redefreudigen Freunden.
Regie: Walter Salles Drehbuch: Jose Rivera, Darsteller: Garrett Hedlund, Sam Riley, Kristen Stewart, Kirsten Dunst, Amy Adams, Viggo Mortensen, Filmlänge: 124 Minuten, Filmstart: 05.10.2012