Nathalie küsst
Audrey Tautou führt in der Hauptrolle von „Nathalie küsst“ romantisch-komisch vor, dass es doch auf die inneren Werte ankommt…
Der Film könnte romantischer nicht beginnen: Das wunderschöne Paar Francois und Nathalie lieben sich, sie passen perfekt zusammen und heiraten. Sie möchten Kinder und gemeinsam alt werden, bis Francois aus dem Leben gerissen wird, als er bei einem Unfall stirbt. Nathalie verschließt sich daraufhin vor der Welt, beginnt dann sich in ihre Arbeit zu stürzen und wird erfolgreiche leitende Angestellte. An Verehrern mangelt es freilich nicht, doch sie nimmt Männer nicht mehr wahr. Bis der unscheinbare und minder attraktive Markus eines Tages in ihrem Büro steht, Nathalie aufsteht und ihn spontan küsst. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein und werden auch von ihrer Umwelt mehr verspottet als ernst genommen – doch gerade das scheint Nathalie zu beflügeln und es entwickelt sich zaghaft und oft sehr komisch eine Liebesgeschichte zwischen dem ungleichen Paar.
David Foenkino, der Autor des gleichnamigen Bestsellers, schrieb selbst das Drehbuch und führte gemeinsam mit seinem Bruder Stéphane Regie – Foenkino wollte die Geschichte scheinbar nicht aus der Hand geben, und hat den Film sehr liebevoll gestaltet.
Die Geschichte, so tragisch sie anfangs ist, entwickelt sich zu einer romantischen Komödie, die etwas Zauberhaftes mit sich trägt. Einerseits ist das Zauberhafte sicherlich die Hausptdarstellerin Audrey Tautou selbst, andererseits sind es die Gestaltungstechniken des Filmes. Ohne Schnitt wird Nathalie im Garten ihrer Großmutter von einem Kind, zu einer Jugendlichen, einer frisch Verliebten und einer Trauernden. Vom Moment des Heiratsantrages ihres Freundes über die Hochzeit und das gemeinsame Leben vergehen ein paar Minuten und die Bilder gehen Hand in Hand über die Leinwand. Nur einen Kameraschwenk braucht es, als Sophie erzählt sie sei schwanger und ihre Tochter läuft ihr schon in die Arme. Mit diesen verschiedenen Techniken gelingt es dem Regisseur die lange Zeit, in der die Geschichte spielt, originell und verspielt zu zu erzählen.
Audrey Tautou, die bereits vor 11 Jahren als Amèlie Poulin das Herz der Zuseher eroberte, besticht auch in „Nathalie küsst“ mit ihrem charmanten Lächeln, ihren großen dunklen Augen und ihrem fragilen, zarten Auftreten. Doch trotzdem ist Tautou in diesem Film erwachsener als sie es als Amèlie war. Sie weiß was sie will und lässt sich durch nichts beirren. Francois Damiens als ihr unattraktiver Angebeteter könnte besser nicht besetzt sein. Er ist das grobe, unbeholfene Gegenteil zu der grazilen Nathalie. Als großer, bärtiger Schwede wirkt er unscheinbar neben der leuchtenden Nathalie.
Doch im Grunde genommen ist „Nathalie küsst“ nicht aufregend, die Geschichte ist voraussehbar und voll mit Klischees, wie Nathalies Chef, der sich mit seiner vollbusigen Sekretärin umgibt und Nathalie nachsteigt. Totzdem trägt das Werk eine Märchenhaftigkeit an sich, die ihn wieder sehenswert macht (vor allem wenn man Audrey Tautou mag). Die kräftigen Farben, die unaufdringliche Komik und dazu dieses unmögliche Schauspielerpaar machen den Film zu einer durchaus genießbaren „Sonntagabend-Beschäftigung“.
Nathalie küsst (La Délicatesse): Regie: David und Stéphane Foenkinos, Drehbuch: David Foenkinos, Darsteller: Audrey Tautou, Francois Damiens, Bruno Tedeschini, Mélanie Bernier, Joséphine de Meaux, Laufzeit: 108 Minuten, Kinostart: 11.5.2012