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Die Königin und der Leibarzt

7
Drama

Dänemark, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: Während sich Europa unter dem Geist der Aufklärung im Zeichen der Vernunft reformiert, leidet der Staat mit König Christian VII. unter einer Geistesschwäche. Der dänische Regisseur Nikolaj Arcel widmet sich in seiner ebenso lebendigen wie kargen Verfilmung Per Olov Enquists Bestseller „Der Besuch des Leibarztes”. Gemeinsam mit Rasmus Heistberg (Silberner Drehbuch-Bär) und Lars von Trier (Consultant) erzählt er die Historie relativ frei als Liebesgeschichte aus der Feder von Königin Caroline, die einen Brief an ihre Kinder verfasst…

Die fünfzehnjährige Prinzessin Caroline Mathilde von Großbritannien (Alicia Vikandar) lernt ihren Gemahl König Christian (Mikkel Boe Folsgaard) erst bei Antritt ihrer Ehe in Dänemark kennen. Es stellt sich heraus, dass er nicht nur unter psychischen Problemen, sondern vor allem unter der Langeweile des Regierens und anderer Menschen leidet. Theater und Vergnügungen mit Huren sind sein liebster Zeitvertreib. Nach Pflichterfüllung der Geburt eines Sohnes, zieht sich Caroline enttäuscht zurück. Als des Königs Gesundheitszustand problematischer wird, stellt man ihm einen Leibarzt zur Seite, den Deutschen Johann Struensee (Mads Mikkelsen), der nicht nur zu seinem engsten Vertrauten und Freund, sondern auch zum Liebhaber seiner Gattin wird. Das Paar verbindet aufklärerisches Gedankengut, das Struensee mit Hilfe seines Einflusses auf den König auch politisch umzusetzen beginnt.

Arcels Inszenierung kommt lichter daher, als man es von Kostümfilmen gewohnt ist. Und das obwohl er nicht nur ein spannendes und unterhaltsames Drama geschaffen hat, sondern zugleich auch noch von Kulturgeschichte, Politik, Philosophie, Sexualität, Wahnsinn sowie Liebe und Intrige berichtet. Dass trotz dieser Vielschichtigkeit keine Überfrachtung und auch keine emotionale Überstrapazierung zustande kommen, erweist sich als Glücksfall. Denn die persönliche Sichtweise, die durch die Erzählerin vorgegeben wird, bildet nur einen relativ fragilen Rahmen.

Zwar könnte man den Figuren eine gewisse Kühle zusprechen, doch stellt sich das nur auf den ersten Blick so dar. Unter der aufklärerischen Frage nach der Freiheit betrachtet, ergeben die drei Hauptfiguren eine spannende Konstellation. Unter der Führung von Arcel entspinnt sich die Dreiecksbeziehung zu einer feinsinnig umgesetzten Tragödie, in der alle Protagonisten in die Mühlen der Politik geraten. Mikkel Boe Folsgaard mimt den jenseitigen König in einer großartigen Darstellung, für die er in Berlin mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde. Er ist die einzige Figur, die wirklich frei ist, auch wenn er das nur seiner Geisteskrankheit verdankt. Alle anderen umschließen unsichtbare Ketten, die freies Handeln unterbinden. So überzeugt Alicia Vikandar zwischen Enttäuschung und Liebe, Mads Mikkelsen zwischen Leidenschaft und Politik.

Es gibt Momente und Bilder im Film, die gelungen ausdrucksstark inszeniert sind und die teilweise schwachen Dialoge und auch nicht immer schlüssigen Abläufe ausgleichen. Dass die Geschichte nicht in so klaren Bahnen ablief und die Protagonisten politischer und berechnender waren, als sie dargestellt werden, sollte man auch wissen. Denn nicht Politik und Historie bestimmen hier den Blickwinkel, sondern die Liebesgeschichte, die sich als Suche nach Freiheit versteht. Um mit dem Aufklärer Rousseau zu schließen: „Der Mensch ist frei geboren, und dennoch liegt er überall in Ketten.“ Das gilt auch für die Liebe – und ebenso nicht.

Regie: Nikolaj Arcel, Drehbuch: Rasmus Heisterberg, Nikolaj Arcel, Darsteller: Mads Mikkelsen, Mikkel Boe Følsgaard, Alicia Vikander, David Dencik, Länge: 128 Minuten, Kinostart: 04.05.2012




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