Bombay Bicycle Club – A Different Kind Of Fix
„Should I wake you up, should I wake you up – is it late enough?“ – Ja bitte, aufwecken, es ist höchste Zeit! Das neue Bombay Bicycle Album ist nämlich seit Anfang September in den Plattenregalen ganz vorne zu finden. Das dritte und vielleicht mit dem bisher meisten Aufwand produzierte Album der Londoner Band vereint Größen wie Ben Allen, der normalerweise bei Animal Collective mitwirkt, sowie den Produzenten des ersten Albums („I Had The Blues But I Shook Them Loose“) Jim Abbiss, der unter anderem auch mit den Arctic Monkeys und Kasabian zusammengearbeitet hat.
Der CD-Player freut sich über ein musikalisches Potpourri, auch wenn er sich nicht gleich entscheiden kann, wo er es am besten einordnen soll. Aber das haben Potpourris ja so an sich. Elektronischen Gitarren ebenso wie der Synthesizer werden wieder ausgepackt – um bei manchen Liedern jedoch, dem Klavier und der Stimme Jack Steadmans zuliebe, den Rückzug anzutreten. Es dauert etwas länger, bis sich aus den Liedern, die wie ein zusammengewobenes Netz wirken, ein musikalisches Gesicht herauskristallisiert: aus der vielfach in sich gekehrten, sensiblen Stimmung blitzt das ein- oder andere extrovertierte Element hervor.
Die Melancholie, die fast jedem dieser 12 Tracks einverleibt zu sein scheint, wird an manchen Stellen von einem poppigen Sound und leichten, lockeren Melodien übertönt. So kann man die erste Auskoppelung des Albums, „Shuffle“, als Höhepunkt hervorheben – die Spannung scheint sich bis zu diesem Lied auf-, danach wieder abzubauen. Als wäre dieser Effekt konstruiert, hat „Shuffle“ den 6. Platz auf dieser CD bekommen. Dieses Stück macht das angenehme Hörvergnügen erst zum überzeugenden Ohrenschmaus – eine Melodie, wie man sie sich für ein vom Indiepop gefärbtes Lied nicht schöner ausdenken könnte, ohne dabei an irgendetwas Althergebrachtes anzuschließen. Es sticht aber auch deshalb hervor, weil es eines der wenigen Lieder der CD ist, die unbeschwert, fröhlich und heiter wirken; die anderen Songs scheinen fast ein wenig durchdachter, aufs letzte Detail ausgefeilt, bis sie endlich der melancholischen Grundstimmung der CD entsprechen. Gut überlegte und noch besser formulierte, interessante und nachdenkliche Textpassagen verstärken den Eindruck, dass die Band viel Herzblut in dieses Album gesteckt hat, so heißt es zum Beispiel in „Your Eyes“: „You and me, just think it through, that’s all I’ve ever asked of you“ – die poetischen Texte verleihen den 12 Liedern einen nochmals gesteigerten Ausdruck, eine Authentizität und Stimmigkeit, die gleichzeitig die Besonderheit ausmacht.
Einflüsse wie Belle & Sebastian oder die isländische Band Sigur Ròs (vor allem „Still“) scheinen für dieses Album das Übrige getan zu haben. Die meisten Lieder vermitteln den Eindruck, sich nicht in den Vordergrund drängen zu wollen, manchmal übertönen die Instrumente die Stimmen bzw. sind von einer Gleichwertigkeit bestimmt, die das Hörerlebnis auf die Probe stellt – entweder man kann das Knäuel, das sich im Ohr bildet, lösen und es in allen Zügen genießen, oder man wünscht sich etwas mehr Stimmkraft an manchen Stellen. Mehr davon!