Vernon Subutex 2
Virginie Despentes sorgte bereits mit ihrem Debütroman Baise moi in den 90ern sowohl als Autorin, als auch als Regisseurin für gesellschaftliche Disruption. Mit ihrer Romantrilogie Das Leben des Vernon Subutex gelang ihr der bisher größte literarische Erfolg. Die Feuilletons überschlugen sich mit Lob und Applaus. Es folgten Adaptionen für Theater, Fernsehen – und nun auch (vollendet) als Graphic Novel.
An diese Umsetzung wagte sich der Satiriker und Zeichner Luz, bürgerlich Rénald Luzier, der als Redaktionsmitglied bei Charlie Hebdo angestellt war, jenem Satiremagazin, das im Januar 2015 Ziel eines islamistischen Anschlags wurde. Luz hat sehr eng mit Virginie Despentes an der Adaption ihres Mammutwerks gearbeitet. Herausgekommen ist eine zweibändige Ausgabe, die in ihrem Umfang (inhaltlich wie von der Seitenanzahl) der Vorlage mehr als gerecht wird.
Vernon Subutex ist der Spitzname eines ehemaligen Plattenverkäufer und Punkmusiker. Nachdem er seinen Job verloren hat, landet er bald auf der Straße. Doch Vernon Subutex hat einen großen Bekannten- und Freundeskreis, deren Leben um ihn kreisen, und deren Schicksale sich immer wieder kreuzen und verweben. Die Geschichte ist ein Panoptikum der heutigen (nicht nur) französischen Gesellschaft. Im Kern steckt aber auch eine Verbrechens- und Rachegeschichte, die vor allem in der zweiten Hälfte nun mehr und mehr in den Vordergrund dringt.
Vernon Subutex ist eine wahre Wundertüte an Erzählungen, Geschichten, feinen Beobachtungen, leisen Zwischentönen und lauten Derbheiten. Alles darf nebeneinander existieren. Und wirklich alles kann passieren. Luz gelingt es die ausufernde Geschichte mit seinem groben Strich festzuhalten, ihr Form und Farbe zu verleihen und zum Schillern zu bringen. Im letzten Akt geht die Graphic Novel leicht andere Pfade als der Roman, um letztlich doch zum gleichen Ergebnis zu kommen.
Am Ende ist man ein wenig erschlagen aufgrund der Fülle an menschlichem Drama. Und manchmal wird einem schwindelig, ob der Menge an Text und Bildern. Vernon Subutex ist damit auch als Comic eine intellektuelle Herausforderung. Eine, die sich aber definitiv lohnt anzunehmen.
Vernon Subutex 2 von Luz, nach Virginie Despentes, 368 Seiten, erschienen bei Reprodukt.