Andrea lässt sich scheiden
Mit Andrea lässt sich scheiden bringt uns Josef Hader genau die Tragikomödie, von der wir alle nicht wussten, dass wir sie dringend gebraucht haben.
Andrea (Birgit Minichmayr) ist Dorfpolizistin im Weinviertel. Hier ist nichts los. Außer ein paar Geschwindigkeitsüberschreitungen gibt es hier nix aufzuschreiben. Andrea will sich deshalb nach St. Pölten versetzen lassen. Zudem steckt sie gerade im Scheidungsprozess mit Noch-Ehemann Andy (Thomas Stipsits). Eines Nachts überfährt Andrea unabsichtlich ihren ungeliebten Gatten auf der Landstraße. Sie begeht Fahrerflucht und versucht ihre Spuren zu verwischen. In derselben Nacht rollt auch noch der trockene Alkoholiker und Religionslehrer Franz (Josef Hader) über den bereits toten Andy drüber. Franz gibt sich alleine die Schuld am Tod des Mannes und stellt sich der Polizei. Während Andrea versucht mit ihrem Leben weiter zu machen, führt sie ihr schlechtes Gewissen immer wieder zu Franz.
Andrea lässt sich scheiden ist nach Wilde Maus (2017) die zweite Filmregie-Arbeit von Josef Hader. Das Drehbuch schrieb er diesmal zusammen mit Florian Kloibhofer. Während die Wilde Maus noch eine sympathische, aber auch recht leichte Midlife-Crisis-Dramödie war, schaltet Hader mit seinem neuen Film einen Gang tiefer. Bis auf ein paar wenige (aber sehr gut platzierte) Momente, gibt es hier eigentlich recht wenig zu lachen. Die Existenzen sind gekracht, das Leben trist.
Und trotzdem schaut Hader mit einem liebevollen und kein bisschen despektierlichen Blick auf seine Figuren. Lässt sie sich konsequent dumm verhalten und schafft es trotzdem, dass sie zu jeder Sekunde unsere Sympathien haben. Das Ensemble ist bis in die kleinsten Nebenrollen mit hochkarätigen österreichischen Darstellern besetzt (Thomas Schubert, Robert Stadlober, Maria Hofstätter, Margarethe Tiesel, Michael Pink …), die mit großer Spiellaune aufwarten. Die Dialoge sind pointiert, auch wenn man manchmal lieber weinen als lachen möchte. Die tollen Bilder von Kameramann Carsten Thiele sind dann noch das i-Tüpfelchen oben drauf.
Andrea lässt sich scheiden ist die traurigste Komödie, die wir seit Jahren im österreichischen Kino gesehen haben. Und trotzdem ist der Film hoffnungsvoll, stark und entlässt die Zuseher mit einem Lächeln auf den Lippen. Ein echter Hochgenuss. Da entschuldigt man auch gerne das etwas offene und abrupte Ende. Die Seele ist a weite Gstettn in Niederösterreich. Schade, dass Josef Hader immer so lange braucht, bis was Neues von ihm erscheint. Aber solange er noch 1-2 Filme wie Andrea lässt sich scheiden in sich hat, ist alles gut.
Regie: Josef Hader, Drehbuch: Josef Hader, Florian Kloibhofer, Darsteller: Birgit Minichmayr, Josef Hader, Thomas Schubert, Robert Stadlober, Maria Hofstätter, Thomas Stipsits, Margarethe Tiesel, Michael Pink, Filmlänge: 94 Minuten, Kinostart: 23.02.2024