Content (c) 2024 Elias Hirschl, Zsolnay(2)

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Eine Handvoll Zeitgeist gefällig? Mit Content schreibt Elias Hirschl (mal wieder) die Roman-Satire der Stunde.

Die namenlose Erzählerin ist Angestellte der Content-Farm Smile Smile Inc. und produziert, tagein tagaus, sinnlose Listicles, die reine Clickbait sind. Ihre Kolleginnen produzieren schwachsinnige Memes und Youtube-Videos, und ihr Tinder-Kontakt gründete bereits mit sieben Jahren sein erstes Start-Up. Die Welt ist ganz schön am Arsch, aber so lange der Laden noch läuft, werden einfach weiterhin Tonnen von sinnbefreitem Content kreiert.

Ich hasse es, Fotos von mir selbst zu sehen. Auf Fotos sehe ich immer so aus, als hätte ich schon Angst davor, wie ich später auf dem Foto aussehen werde. Und genauso sehe ich dann auf dem Foto aus. Eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Die Franzosen haben Michel Houellebecq und Frederic Beigbeder. Die USA haben Bret Easton Ellis und Chuck Palahniuk. Und wir haben Elias Hirschl. Der sehr junge (Jahrgang 1994) und sehr erfolgreiche Autor lieferte bereits 2021 mit Salonfähig den damaligen Roman der Stunde. Darin ging es um einen jungen Mann, der seinem Idol, dem hocherfolgreichen jungen, feschen Bundeskanzler, nacheifern möchte, und dabei bereit ist über Leichen zu gehen. Salonfähig war unglaublich scharf, präzise und spitz – und wurde eben recht oft in die Nähe von Bret Easton Ellis (American Psycho) gerückt.

Content erinnert nun stilistisch deutlich mehr an Chuck Palahniuks schräge Sozialsatiren (wie etwa Fight Club). Der Roman ist schön absurd und ätzend. Eine Abrechnung mit der Generation Wisch-Handy und gleichzeitig ein verzweifelter Aufschrei nach dem Wunsch für einen Ausweg. Hirschls Figuren sind nicht die pseudocoolen und gefühlstoten Protagonisten aus den Ellis-Welten. Seine Figuren gehen über vor Gefühlen. Nur kommen diese völlig inkohärent und unfokussiert aus ihnen heraus, und verpuffen damit letztlich im luftleeren Raum.

Ich habe seit Monaten keine Bücher mehr gelesen. Mit Monaten meine ich die letzten zwei bis drei Jahre. Und mit Büchern meine ich alles, was mehr als 280 Zeichen hat.

Content leidet ein wenig an den gleichen Problemen, wie ähnlich ausgerichtete Werke. Die Fülle an messerscharfen Beobachtungen ist ungleich größer als die erzählerische Dichte. Content ist letztlich mehr genial als gut. Die vielen einzelnen brillanten Momente können sich nicht so ganz zu einer packenden Geschichte verdichten. Der großartige literarische Stil kann nicht so ganz die Inhaltsleere der Story übertünchen.

Aber gut, genau darum geht es ja in Content – um die Inhaltsleere. Insofern Mission accomplished. Wenn auch nicht makellos, zählt Hirschls Roman unbedingt zu der aufregendsten Literatur derzeit. Einfach weil es so saugut geschrieben ist. Und Nummer 7 wird Sie zum Weinen bringen!

Content von Elias Hirschl, 224 Seiten, erschienen bei Zsolnay.

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