Yoshios Jugend (c) 2021 Yoshiharu Tsuge, Reprodukt(8)

Yoshios Jugend

Mit Yoshios Jugend bringt der Reprodukt Verlag bereits den dritten Band von (erstmaligen) deutschen Übersetzungen des Manga-Altmeisters Yoshiharu Tsuge auf den Markt. Vorangegangen sind die beiden (sehr empfehlenswerten) Bände Rote Blüten und Der nutzlose Mann. Yoshios Jugend ist mit informativen Vor- und Nachworten versehen, die uns helfen, das seltsame Geschehen in den Geschichten besser einzuordnen.

 

Denn in der Tat sind die bizarren Welten von Yoshiharu Tsuge schwer zu fassen. Einerseits folgen seine Erzählungen oft einem spannungsarmen, super naturalistischen Erzählbogen. Oder anders ausgedrückt: Hier passiert nicht viel. Es sind Alltagsbeobachtungen. Oft mit einem tristen Blick aufs Geschehen und einer spürbaren Misanthropie des Autors versehen. Besonders hervorstechend ist die Titelgeschichte, die stark autobiografisch gefärbt ist. Hier erzählt Tsuge von Yoshio, dem jungen Manga-Künstler, dessen Arbeiten niemanden interessieren und der in einer tiefen Schaffenskrise steckt. Als ihn ein renommierter Manga-Meister unter seine Fittiche nimmt, scheint sich das Blatt für Yoshio nochmal zu wenden.

Den biografisch-naturalistischen Erzählungen stellt Tsuge das andere Spektrum seines Schaffens entgegen. Nämlich Albtraumhafte, surreale Geschichten, von denen ebenfalls einige in diesem Band enthalten sind. Diese folgen keiner Narration, sondern nur noch einer inneren Traumlogik. Alles in allem kann man sagen: Tsuges Mangas sind höchst wahrscheinlich mit nichts vergleichbar, was Sie vorher gelesen haben. Die kurzen Geschichten sind oft beklemmend, kafkaesk, melancholisch, bedrückend. Gleichzeitig sehr subtil und ja, erwachsen. Durchaus fordernde Lektüre. Doch je mehr man davon liest, desto mehr kommt man auf den Geschmack. Yoshios Jugend ist die bisher beeindruckendste Werkschau, die hierzulande von Yoshiharu Tsuge erschienen ist.

Yoshios Jugend von Yoshiharu Tsuge, 410 Seiten, erschienen bei Reprodukt.

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