Am Anfang war das Bild (c) 2021 Herausgeber Uli Bendick, Aiki Mira, Mario Franke, Hirnkost Verlag(2)

Am Anfang war das Bild

Am Anfang war das Bild ist eine neue Anthologie von Science-Fiction-Stories, die soeben im Berliner Hirnkost Verlag erschien. Der Grundgedanke hinter dieser Anthologie ist der Ansatz, dass das Genre der Science Fiction sehr stark von Bildern bestimmt ist, ja, lebt. Etliche Illustrationen die Cover von diversen Sci-Fi-Romanen zierten, sind überaus ikonisch, geben die Stimmung vor und sollen vor allem eben Lust machen, das Werk zu lesen. Und doch entstehen diese Illustrationen meistens im Nachhinein. Die Herausgeber von Am Anfang war das Bild drehten die Sache um.

In einer Ausschreibung wurde Autor:innen angeboten sich von Bildern der herausgebenden Künstler zu eigenen Stories inspirieren zu lassen. Die Künstler würden wiederum auf die Story reagieren und eine neue Illustration zur Geschichte erschaffen. Diese Korrespondenz von Bild und Text liegt nun vor. Aus über 90 Einreichungen wurden für das schön gestaltete Buch 18 Erzählungen ausgesucht. Auf ein paar davon wollen wir gerne etwas genauer eingehen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die einzelnen Kurzgeschichten sowohl inhaltlich, als auch qualitativ schwanken. Wobei man sagen kann – das allumfassende literarische Niveau der vorgestellten Autor:innen ist beachtlich hoch. Absolute Aussetzer gibt es hier tatsächlich keine. Manche der Geschichten sind arg kurz geraten, wie etwa gleich die erste Story Bermudabohrturm von Monika Niehaus – die aber aufgrund ihrer schönen Atmosphäre dennoch sofort besticht.

Ein frühes Highlight der Sammlung ist die Geschichte Das Licht von Uwe Neuhold, die sowohl stilistisch als auch inhaltlich sehr ambitioniert ist. Wissenschaftler erfinden eine Art Zeitmaschine, die es ermöglicht verschwundene Personen zurückzuholen. Die Schlusspointe mag man erahnen. Das macht sie aber nicht schlechter.

In Marco Rauchs Story Der Erleger schrammt die Sci-Fi schon stark am Horrorgenre. Außerirdische Invasoren machen mit Hilfe eines menschlichen Schützen Jagd auf Beute. Eine düstere Dystopie, die vor allem aufgrund des starken Worldbuilding, das Fleisch, Blut und Erde förmlich riechen lässt, punktet.

Achim Stößers Bethlehem ist in Form eines Episodenguides geschrieben. Die 13 Folgen der ersten Staffel einer fiktiven Serie werden hier beschrieben. Inklusive User-Wertung und Trivia. Die originelle Erzählung mit ihrer kruden Jesus-Story hat das was manche Geschichte vermissen lässt – eine gute Portion (schrägen) Humor.

Karin Lerochs zuckersüße Geschichte Ganymed, erzählt von der Liebe einer Menschenfrau zu einem gestrandeten Starman. Doch der will nicht lange auf der Erde verweilen. Darum kommt sie mit ihm zurück auf seinen Heimatplaneten. Kann ja nicht schaden. Eine herrlich schräge Liebesgeschichte, deren Handlungsverlauf unmöglich abzusehen ist.

Den Schluss des bunten Reigens macht Mit-Herausgeberin Aiki Mira mit Utopie 27. Hier werden die 80er Cyberpunk-Welten von Blade Runner oder Brazil mit der ruhigen, literarischen Eleganz eines Kazuo Ishiguro gesampelt. Ein schöner, stimmungsvoller Abschluss.

Noch einmal kurz zu den Bildern zurückgekehrt. Diese dürften durchaus Geschmacksache sein – wie die einzelnen Stories freilich auch. Für meinen persönlichen Geschmack sind viele ein wenig kitschig. Nichtsdestotrotz ist die Sammlung ein äußerlich wie inhaltlich schönes Buch geworden, welches Science-Fiction-Fans uneingeschränkt empfohlen werden darf.

Am Anfang war das Bild von Uli Bendick, Aiki Mira, Mario Franke (Herausgeber), Geschichten von Achim Stößer, Aiki Mira, Christian Endres, Hans Jürgen Kugler, Heidrun Jänchen, Isabell Hemmrich, Janika Rehak, Karin Leroch, Marco Rauch, Michael Tinnefeld, Monika Niehaus, Nils Wiesner, Rainer Schorm, Robert Diemrich, Tessa Maelle, Uwe Neuhold, Vlad Hernández, 304 Seiten, erschienen im Hirnkost Verlag.

Am Anfang war das Bild