Old School

John Niven gelingt mit Old School fantastische Unterhaltung voller Spannung, Humor und gesellschaftlicher Hintergründigkeit.

Susan und Julie, beide 60 Jahre, leben in einem kleinen Kaff in Südengland. Seit der Schulzeit sind sie beste Freundinnen. Während Susan eine bürgerliche Hausfrau ist, schuftet Julie in einem Pflegeheim und lebt in einem Sozialbau. Als Susans Ehemann stirbt, offenbart er sein skurriles Doppelleben voller sexueller Ausschweife und hinterlässt seiner Frau den finanziellen Bankrott. Die beiden entwickeln einen verzweifelten Plan um nicht vollends in die Armut abzurutschen und auch um der Gesellschaft so richtig eins auszuwischen. Dabei hilft ihnen der alte Bankräuber Nails und zwei weitere Freundinnen. Ganz klar, die örtliche Bank muss überfallen werden.

Während Susan sich mit dem Mischungsverhältnis des Bluts herumschlug, hatte ihre älteste Freundin mit ganz anderen Körperflüssigkeiten zu kämpfen. Ein Kampf, der Julie Wickham in der Überzeugung bestärkte, dass Urin sich wie Schneeflocken oder Fingerabdrücke dadurch auszeichnete, unverwechselbar zu sein.

Old School ist rasant, spannend und ungemein witzig. John Niven ist ein unverschämt guter Entertainer. Er versteht es aus einer potenziell tragischen Geschichte eine herrlich unterhaltsame Achterbahnfahrt zu machen, ohne dabei die Intelligenz seiner Leser zu beleidigen. Bei aller Rasanz und allem Spaß bleibt Old School dennoch klug und gewitzt, keine billigen Lacher, sondern ein sorgsam aufgebauter Spannungsbogen, der in herrlich witzigen Momenten mündet. Die Figuren sind originell und gleichzeitig selbstbewusste, starke und allesamt eigenwillige Charaktere. Jede von ihnen hat ihre eigene Geschichte. Aber John Niven hat es dabei nicht nötig alles im Detail breitzutreten, er konzentriert sich aufs wesentliche.

Dadurch legt er nicht nur ein hohes Erzähltempo vor, sondern der Roman schreit geradezu nach einer Verfilmung. Das wäre auf jeden Fall ein interessanter Film und man kann sich einen Guy Ritchie gut als Regisseur vorstellen. Bei aller Unterhaltung verpackt Niven aber auch den ein oder anderen kritischen Seitenhieb auf unsere Gesellschaft. Vor allem in Bezug auf den Umgang mit Senioren, aber auch auf Kapitalismus und Gier. Dabei drückt er einem aber nie eine Aussage aufs Auge, es läuft hintergründiger ab und er lässt seine Figuren nie Dinge tun oder sagen, die nicht zu ihnen passen, nur um dem Leser etwas klar zu machen. Kurz gesagt: Old School ist John Niven in Topform.

Old School von John Niven, 400 Seiten, erschienen im Heyne Verlag.

Old School




Entdecke mehr von pressplay

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen