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Das alte finstere Haus

Liebe Filmfreunde des abseitigen Filmvergnügens, willkommen zurück bei Wonne aus der Tonne. Diesmal wollen wir mal wieder einen sanfteren Gang einlegen und uns einen kleinen, albernen aber höchst liebenswerten Film eines großen B-Movie Regisseurs ansehen. Ein Regisseur der immer noch zu den viel zu wenig besungenen Helden seiner Zunft zählt. Die Rede ist von Gimmick-König William Castle. Den vorliegenden Film hat er sogar in Zusammenarbeit mit den altehrwürdigen Hammer-Studios produziert. Für einen großen Erfolg hat das dennoch nicht gereicht. Doch ich greife vor. Werfen wir noch zuerst einen Blick auf die Handlung:

Der in London lebende Amerikaner Tom Penderei (Tom Poston) verdingt sich als Autoverkäufer. Sein Freund Casper bestellt bei ihm einen Luxuswagen, den Tom zu einem abgelegenen Familiensitz in Cornwall bringt. Als Tom ankommt ist Casper jedoch tot. Er trifft dafür jede Menge andere Familienmitglieder, wovon einer exzentrischer ist als der Nächste. Tom erfährt, dass die Familie aufgrund besonderer Vorgaben alle unter diesem Dach leben und um Mitternacht jeden Tag zu Hause sein müssen, da sie sonst ihr Erbe nicht antreten können. Draußen tobt ein Sturm und auch drinnen wird es immer ungemütlicher. Denn ein Familienmitglied nach dem anderen gibt in dieser Nacht unfreiwillig den Löffel ab.

Bei Das alte finstere Haus handelt es sich um eine Neuverfilmung des Romans Von der Nacht überrascht von J.B. Priestley, der bereits 1932 von James Whale (Frankenstein, Der Unsichtbare) verfilmt wurde. Bis auf ein paar Grundmotive ist jedoch in William Castles Verfilmung von 1963 kaum mehr eine Ähnlichkeit zu Buch oder Erstverfilmung vorhanden. Doch wer ist eigentlich dieser William Castle? Der 1914 in New York als Sohn jüdischer Eltern geborene William Schloss, änderte seinen Nachnamen in Castle. Er fasste bereits früh Fuß in der Entertainment-Branche Hollywoods. Zuerst etwa als Schauspieler und später als Produzent und Regisseur. Zu seinen berühmtesten Produktionen zählen etwa Die Lady von Shanghai (1946) von Orson Welles oder Rosemarys Baby (1967) von Roman Polanski. Mit der Gründung seiner eigenen Produktionsfirma Ende der 50er Jahre verlegte sich Castle vornehmlich auf die Inszenierung von Gruselfilmen. Etliche, wunderschöne Drive-In-Klassiker wie Macabre (1958), House on Haunted Hill (1959), oder Homicidal (1961) entstanden. Zudem versah Castle seine B-Perlen gerne mit Gimmicks, wie etwa einer 1000 Dollar Lebensversicherung beim Kauf eines Kinotickets für Macabre – für den Fall dass der Zuschauer vor Angst stirbt.

Als Ende der 50er Jahre die Filmrechte an The Old Dark House bei Universal ausliefen, waren sowohl die britischen Hammer-Studios als auch William Castle interessiert. So einigte man sich auf eine Co-Produktion. Mit dem Endergebnis waren beide Parteien letztlich nicht glücklich. Das ging so weit, dass Castle den Film in seiner eigenen Autobiografie einfach komplett unter den Tisch fallen ließ. Bei Hammer auf der anderen Seite, entschloss man sich den Film ein paar Jahre später, nämlich erst 1967, ins Kino zu bringen. Mit überschaubaren Erfolg. Was lief da schief? Zum einen drehte Hammer gerne in Farbe, Castle aber in Schwarz-Weiß. Folgerichtig existieren von dem Film auch diese zwei Farb- bzw. Nicht-Farb-Versionen (Wobei in diesem Fall Hammers Farbenpracht vorzuziehen wäre). Außerdem wurde das alberne, komödiantische Drehbuch zur Steilvorlage für beide Parteien. Zeichnen sich doch weder die Werke William Castles noch jene von  den Hammer Studios für ihren Humor aus. Und wenn, dann meist eher unfreiwillig. Zusätzlich musste Castle bei der Zusammenarbeit mit Hammer auch noch auf seine liebste Versponnenheit – eben den Einsatz eines Gimmicks bei den Aufführungen – komplett verzichten.

Doch in Wahrheit ist Das alte finstere Haus eine – gerade auch heute – wohltuend altmodische Grusel-Komödie mit herrlicher Ausstattung und prächtigen Farben (in der entsprechenden Version). Gruselig ist die Chose zwar zu keiner Sekunde, dafür charmant, temporeich und doch auch immer wieder spannend. Der Film ist im positivsten Sinne ein skurriles Kleinod, das zu Unrecht ein Schattendasein im – ohnehin schon nicht wirklich bekannten – Oeuvre von William Castle fristet. Fans von Hammer sowie dem Regisseur dürfen bedenkenlos zugreifen. Die Möglichkeit dazu gibt es übrigens mit der vor kurzem erschienen William Castle Collector‘s Edition von Koch Films. Hier wurde der Streifen vorbildlich restauriert und in einer schönen Liebhaber-Edition herausgegeben. Man darf hoffen, dass auf diesem Weg noch viele weitere Werke William Castles auf den Markt gebracht werden.

In diesem Sinne: Macht euch ein schönes knisterndes Feuer im Kamin, kuschelt euch mal wieder so richtig zusammen und bleibt seltsam!

Das alte finstere Haus

OT: The Old Dark House, USA, GB, 1963, Regie: William Castle, Drehbuch: Robert Dillon, Mit: Tom Poston, Robert Morley, Janette Scott, u.a.

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