Blade of the Immortal
Mit seinem neuesten Werk Blade of the Immortal begibt sich der fleißige Filmemacher Takashi Miike wieder in die Zeit des feudalen Japans. Natürlich erwartet die Zuseher dabei ein blutiges Schwertkampf-Gemetzel.Miike wäre nicht Miike, würden nicht auch in seiner Umsetzung des Mangas von Hiroaki Samura allerhand Körperteile in absurd-überzeichneter Weise abgetrennt werden.
Dabei stellt Blade of the Immortal für den Regisseur wohl (abermals) eine wunderbare Gelegenheit dar, seine speziellen Vorlieben auf der Leinwand vollends auszuleben – Hauptcharakter Manji ist nämlich mit dem Fluch bzw. Segen ausgestattet, Körperteile nachwachsen und Wunden schnell verheilen zu lassen. Erinnerungen an Marvels Superhelden Wolverine werden dabei erweckt, mit Garantie aber dank der bunten Vielfalt an illustren Nebenfiguren und epischen Schwertkampfduellen wieder schnell vergessen.
In 140 Minuten erzählt Blade of the Immortal von einem ehemaligen Samurai, der nach mehreren schicksalshaften Vorfällen und einer umfangreichen Schlacht gegen eine überwältigende Anzahl an Widersachern dem Tode nahe ist. Eine mysteriöse buddhistische Nonne infiziert den lebensmüden Manji (grandios: Takuya Kimura) mit „Blutwürmern“, die ihn unsterblich werden lassen. Viele Jahre später trifft der zynische Schwertkämpfer auf das junge Mädchen Rin (Hana Sugisaki) die mit seiner Hilfe als Bodyguard und Attentäter auf Vergeltung aus ist.
Beginnt Miikes Blade of the Immortal in den ersten Minuten noch mit klassisch anmutender Schwarz-Weiß-Optik, die Uneingeweihte auf (exzellente) Werke wie 13 Assassins oder Hara-Kiri: Death of a Samurai einstimmen könnte, wird schnell klar, was den Zuseher wirklich erwartet: Eine groß angelegte Schlachtplatte mit Samurai-Anstrich und zahlreichen schwarzhumorigen Einwürfen.
Mit feiner Klinge wird hier eher weniger gearbeitet, zumindest vordergründig: Dank der auch hier spürbaren, fast manisch anmutenden Energie des Regisseur offeriert das Gemetzel zahlreiche gut inszenierte, dabei aber manchmal etwas hektisch in Szene gesetzte Schwertkämpfe, bei denen das Blut nur so in Strömen fließt. Eine klassisch erzählte Handlung ohne große Überraschungen, bei der der Antiheld Stück für Stück – also Showdown für Showdown – seine überzeichneten Widersacher jagt und zur Strecke bringt, um in einem abschließenden Endkampf seine Katharsis zu erleben.
Dabei steht Blade of the Immortal am Erfolgsweg jedoch eine lange Laufzeit als Hürde entgegen, die mit wenig unvergesslichen Momenten abseits der Actionsequenzen doch zu etwas Langeweile beiträgt. Die anfangs noch konsequenter eingebundenen Slapstick-Momente und auch der damit einhergehende schwarze Humor bleibt auf der Strecke – wie auch die weitere Ausarbeitung des ungleichen Protagonistenpaares. Einzig der androgyne Antagonist Anotsu (Sota Fukushi) darf dank einer effizient integrierten Wandlung gegen Ende hin über seine eindimensionale, stereotype Darstellung hinauswachsen.
Dank Regisseur Takashi Miike darf Blade of the Immortal den Eindruck erwecken, dass es sich dabei nicht um einen weiteren Comic-Blockbuster mittlerweile herkömmlicher Machart handelt. Voll spürbarer Energie vor und hinter der Kamera darf man sich für einige Zeit von faszinierenden Charakteren, Settings und vereinzelt auch Ideen überwältigen lassen, die jedoch mit fortlaufender Filmdauer an Intensität und Brisanz verlieren. Handlungsrelevante Figuren lassen in ihrer Entwicklung zu wünschen übrig, auch der Humor verflüchtigt sich recht zügig und lässt die ruhigeren Momente ohne bleibenden Eindruck zurück. Immerhin kann Miike mit seinem hundertsten Film ein Actionfeuerwerk samt epischem Finale auf die Zuseher loslassen, das für Fans des japanischen Filmemachers fast ohne Vorbehalt zu empfehlen ist.
OT: Mugen no jûnin, Regie: Takashi Miike, Drehbuch: Tetsuya Oishi, Darsteller: Takuya Kimura, Hana Sugisaki, Sôta Fukushi, Filmlänge: 140 Minuten, Release: KA, gezeigt im Rahmen des /slash Filmfestival 2017