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Ovarian Psycos

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Doku

Die Ovarian Psycos sind keine gemeingefährliche Gangsterbande aus Los Angeles, auch wenn sie auf einen flüchtigen Blick vielleicht so ausschauen – sie sind eine Frauenbewegung, die in ihrer Gemeinsamkeit Schutz gegen die alltägliche Gewalt in ihrer Nachbarschaft und ihrem Zuhause findet.

Xela ist eine alleinerziehende Mutter und Mitbegründerin der Ovarian Psycos. Zu sagen, sie stammt aus einer zerrütteten Familie wäre untertrieben, kommt sie doch aus einem Zuhause in dem Gewalt durch den Vater an der Tagesordnung stand und einer familiären Hierarchie, in der eine Frau nicht viel Wert besaß, ganz im Gegensatz zu den Brüdern. Evie ist ein neues Mitglied der Psycos und hat zwar eine liebevolle, sorgsame Mutter, lebt aber, wie so viele Menschen dort, in einem Armutsviertel, das laufend von Gewalt heimgesucht wird. Xela und Evie sind exemplarische Protagonistinnen in Ovarian Psycos, die stellvertretend für so viele Frauen (nicht nur aus Eastside L.A.) ihre Geschichte erzählen und den Sinn verdeutlichen, der hinter der Bewegung steht.

Eines der häufigsten Argumente gegen Frauenbewegungen oder Gruppierungen, die ausschließlich aus Frauen bestehen und sich für die Gleichberechtigung der Frauen, gegen häusliche Gewalt oder Gewalt gegen Frauen prinzipiell einsetzen, ist, dass so eine Gruppe sofort boykottiert werden würde, wenn Männer so etwas tun, wenn Männer eine Gruppe gründen, in der keine Frauen erlaubt sind und sich nur für die Rechte der Männer einsetzen. Solch ein Argument ist jedoch schlichtweg absurd, denn für die Gleichberechtigung der Männer muss nicht gekämpft werden, Männer werden ja stets bevorzugt behandelt, sei es in Alltäglichkeiten, am Arbeitsplatz oder sonst wo. Es besteht schlichtweg kein Bedarf für solch eine Gruppierung. Ganz im Gegensatz zu den Frauen.

Von daher ist es weder verwunderlich, noch in irgendeiner Weise abträglich, dass in Ovarian Psycos die Männer naturgemäß eine untergeordnete bis nicht vorhandene Rolle spielen. Sie sind entweder schlichtweg nicht vorhanden oder stehen nur am Rande oder fungieren als gewaltsames, alles dominierendes und zerstörendes Erinnerungsbild an die Kindheit. Gleichzeitig gibt es auch oft die Frage, sind Frauen denn nicht schon gleichberechtigt? Sind wir gesellschaftlich nicht schon längst an dem Punkt angelangt, wo solch ein Thema gar nicht mehr behandelt werden muss, da wir doch schon längst akzeptiert und erkannt haben, dass Frauen weder das schwächere Geschlecht, noch von minderem Wert sind und von daher die gleichen Rechte wie ein Mann verdient haben?

Die Antwort ist ein schlichtes und ergreifendes Nein. Wir sind bei weitem nicht an diesem Punkt angelangt und allem Anschein nach wird es auch noch eine Weile dauern, bis wir soweit sind, man braucht sich ja nur anschauen, welchen Präsidenten die vereinigten Staaten von Amerika gewählt haben. Das ist traurig, aber wohl oder übel wahr. Von daher ist die Bedeutung und die Notwendigkeit einer Frauenbewegung (eigentlich jeder Frauenbewegung) wie den Ovarian Psycos oder dem gleichnamigen Film über diese Bewegung, nicht zu unterschätzen und kann gar nicht genug in den Fokus gerückt werden, denn es ist offensichtlich noch ein langer und steiniger Weg, bis wir endlich etwas akzeptieren und anerkennen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Ovarian Psycos ist kein perfekter Dokumentarfilm, sofern es so etwas überhaupt gibt, aber es ist ein wichtiger Dokumentarfilm und von daher von fundamentaler gesellschaftlicher Bedeutung angesichts eines Themas, das nicht vergessen oder ignoriert werden darf. Was den Regisseuren Joanna Sokolowksi und Kate Trumbull-LaValle gelingt, ist eine erfrischend unterhaltsame, originelle (man ist fast geneigt cool zu sagen) Darstellung einer nicht minder spannenden und wichtigen Gruppierung. Diese Frauen sind stark, sind selbstbewusst und sind mutig, und man(n) sollte den Ovarian Psycos Respekt und Achtung entgegenbringen – obwohl auch das für alle Menschen wie selbstverständlich gelten sollte.

Regie: Joanna Sokolowksi, Kate Trumbull-LaValle, Filmlänge: 72 Minuten, zu sehen am this human world Filmfestival: 10.12.2016, www.thishumanworld.com




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