100 DVDs in 100 Wochen: Alles über meine Mutter
Nummer elf des 100 DVDs in 100 Wochen-Features wurde mit einem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet: Alles über meine Mutter (OT: Todo sobre mi madre) von Pedro Almodóvar.
Bei diesem Film muss ich gleich vorne weg sagen, dass ich Almodóvar-Filme genial finde. Im Studium habe ich mich sogar ein ganzes Semester mit dem spanischen Regisseur aus Calzada de Calatrava beschäftigt – ein Seminar, das sich auf jeden Fall gelohnt hat. Ohne jetzt großartig über seine Biografie sprechen zu wollen – ein bisschen autobiografisches ist so gut wie in jedem seiner Filme enthalten, daher für jeden auch eine kleine Recherche lohnenswert, der sich näher mit dem Spanier beschäftigen möchte.
Worum geht’s? Die Krankenschwester Manuela (Cecilia Roth) besucht zum Geburtstag ihres 17-jährigen Sohnes Esteban mit ihm gemeinsam das Stück Endstation Sehnsucht in einem Theater in Madrid. Nach der Vorstellung möchte sich Esteban ein Autogramm von Huma Rojo (Marisa Peredes) holen, und wartet dafür mit seiner Mutter im strömenden Regen. Als die Schauspielerin endlich mit ihrer Kollegin Nina (Candela Peña) beim Bühneneingang herauskommt, setzen sich die beiden sofort ins Auto und wollen losfahren. Esteban klopft hoffnungsvoll ans Fenster – allerdings vergebens. Voller Euphorie rennt er dem Auto nach und wird dabei von einem anderen aus der Querstraße erfasst. Der Unfall ist tödlich. Manuela kehrt nach Barcelona zurück, das sie vor 17 Jahren verlassen hat. Sie ist auf der Suche nach Estebans Vater, der sich inzwischen Lola nennt und Brüste hat. Somit beginnt eine Reise in die Travestie- und Drogenwelt Barcelonas, in welcher sie letztendlich zum Engel und Haltepunkt vermeintlich verlorener Existenzen wird.
Gerade im Hinblick auf den kommenden Samstag stattfindenden Wiener Life Ball und dem kürzlichen Sieg Conchita Wursts bekommt der Film eine Aktualität, die ich so vor ein paar Wochen wohl noch nicht erwartet hätte. Schwule, Lesben, Transgender-Personen und Travestiekünstler, sie alle haben einen Platz in der bunten und extravaganten Welt Almodóvars. Wer also zum homophoben Teil der Gesellschaft gehört und einen Herzinfarkt oder ähnliches vermeiden möchte, der sollte sich den Film vielleicht lieber nicht anschauen. Oder gerade deswegen – das bleibt dann jedem selbst überlassen.
Ich finde es auf jeden Fall unglaublich wie Manuela trotz des tragischen Todes ihres Sohnes in der verrückten Welt Barcelonas zurechtkommt und darüber hinaus noch einer schwangeren Nonne (Penélope Cruz), der verrückten, aber dennoch der liebevollen Travestiekünstlerin La Agrado (Antonia San Juan) und der Schauspielerin Huma Rojo hilft. Gerade die Machart von Almodóvar, sehr ruhige Kameraführung, das Spiel mit Symbolik und Farben, den Einsatz der Musik, gibt dem Film seine ganz besondere Note, die einem nicht mehr wegschauen lässt.
Das Credo bei Alles über meine Mutter scheint übrigens folgender Satz zu sein: „Wer Sie auch sind, immer schon habe ich mich auf die Güte Fremder verlassen.“ Alle Personen, die Manuela innerhalb des Filmes begegnet fassen unglaublich schnell (also wirklich teilweise innerhalb von wenigen Minuten) Vertrauen zu ihr – wie sich herausstellt auch berechtigt. Wer jetzt aber glaubt ein Drama vor sich zu haben, der täuscht. Es gibt natürlich auch unglaublich witzige Stellen, etwa als La Agrado dem Publikum des Theaters die Geschichte ihres Lebens erzählt. So zählt sie sämtliche chirurgischen Eingriffe, inklusive Preis auf, mit dem schönen Satz, dass man umso authentischer ist, je ähnlicher man dem Traum wird, dem man von sich selbst hat. Ja, das lässt einen schon lange nachdenken.
Meine Empfehlung: Wer einen eindringlichen Film zu den gerade jetzt aktuellen diskutierten Thema Transgender, Homosexualität und/oder Travestie sehen möchte, dem sei Alles über meine Mutter wärmstens ans Herz gelegt. Nicht umsonst hat der Film 1999 den Oscar erhalten. Und mit einer Laufzeit von 97 Minuten kann man es sich auf seiner Couch ganz gemütlich machen und mal nicht den Blockbuster, den das aktuelle Fernsehprogramm bietet, sondern einen wirklich intelligenten und witzigen Film, anschauen. Nächstes Mal geht es weiter mit Erbarmungslos.