Grand Budapest Hotel
Wes Anderson entführt erneut in eine reich bebilderte, skurrile Filmwelt und lässt die hochkarätige Besetzung längst vergangene Zeiten wieder aufleben und magische Orte feiern. Prost!
Das Grand Budapest hat den Glanz vergangener Tage verloren. Nur noch wenige besuchen das Hotel in der Republik Zubrowka (ein fiktives Land, irgendwo in Osteuropa – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Büffelgrasvodka) und noch viel weniger wissen von seiner bewegten Geschichte zu erzählen.
Einer dieser Menschen ist Zero Moustafa (F. Murray Abraham), der einem jungen Autor (Jude Law) von der Hochblüte des Hotels in den bewegten 30er Jahren erzählt, als er dort selbst als Lobby Boy arbeitete. Sein Mentor, der damalige Concierge Gustave (Ralph Fiennes), ein Gentleman vom „alten Schlag“, stets auf tadellose Etikette bedacht und um das Wohl seiner Gäste bemüht – besonders jenem der älteren Damen -, geriet in ein Mordkomplott, als die reiche, alte Madame D. (Tilda Swinton) starb und ihm ein äußerst wertvolles Gemälde hinterließ. Des Mordes verdächtigt, musste sich der Gentleman mit Hang zur Poesie gegen allerlei Kontrahenten seines Lebens erwehren, auf seiner abenteuerlichen Flucht vor den Verfolgern und der Suche nach der Wahrheit stets von seinem treuen Kompagnon Zero (Tony Revolori) begleitet.
Dass bunte Ensemblekomödien, die vor absurden Situationen und verschrobenen Charakteren strotzen und immer auch einen leichten Hang zum Drama haben, die Spezialität von Wes Anderson sind, hat er schon in Filmen wie The Royal Tenenbaums oder Moonrise Kingdom unter Beweis gestellt. In Grand Budapest Hotel legt Anderson allerdings nochmal einen Zahn zu. Wiederum bis in die kleinste Nebenrolle hochkarätig besetzt und voll von skurrilen Situationen und Personen, ist der Film nicht nur leichtfüßige Komödie und phantasievoll entrücktes Sozialdrama, sondern zudem eine rasant erzählte Kriminalgeschichte, die einen von der ersten Minute an in den Bann zieht.
Für die unheimliche Sogwirkung, die Grand Budapest Hotel entfaltet, sind zu einem großen Teil dessen imaginative Bildwelten verantwortlich, die von kitschig-überbordenden Kulissen im K.u.K. Stil über verspielte Animationssequenzen, abgenutztem 70er Jahre Flair bis hin zu nüchtern-kühlen Landschaftsaufnahmen reichen. An diesem Bilderreichtum kann man sich, wie an den, immer wieder aus allen Ecken auftauchenden, bekannten Gesichtern in ungewöhnlichen Aufmachungen, kaum sattsehen. Ebenso abwechslungsreich wie die Bildsprache ist auch das Erzähltempo, das zunächst eher gemächlich ansetzt, spätestens mit dem Mordfall aber gehörig an Fahrt aufnimmt und schließlich in wahnwitzigen Verfolgungsjagden im alpinen Gelände und in ehrwürdigen Hotelhallen gipfelt.
Anderson inszeniert mit viel Gespür für liebenswerte Charaktere und für das absurd Komische, auch wenn nicht jede Pointe ins Schwarze trifft und manch sympathische Eigenheiten der Protagonisten durch oftmalige Wiederholungen beinahe überreizt werden.
Grand Budapest Hotel ist großes Kino, das sich selbst jedoch nicht ganz so viel Raum nimmt wie ihm zustünde. Der Film erscheint zu kurz, um der Fülle an ergründenswerten Charakteren und Nebenhandlungen den Raum zu geben, den sie verdienen. Das Ende kommt zu abrupt und reißt einen plötzlich aus der phantastischen Filmwelt, in der man gerne noch ein Weilchen verblieben wäre, um noch mehr von den Gästen und Betreibern des Grand Budapest Hotel zu erfahren, deren Geschichten zu einem großen Teil bloß am Rande gestreift werden.
Alles in allem hat Wes Anderson aber ein stimmungsvolles, unterhaltsames und auf seine ganz eigene Art bezauberndes Märchen für Erwachsene geschaffen, das einen tief in eine andere Welt eintauchen und voller Nostalgie auf Zeiten und Orte zurückblicken lässt, die so nie waren, sehr wohl aber hätten sein können.
Regie und Drehbuch: Wes Anderson, Darsteller: Ralph Fiennes, Tony Revolori, F. Murray Abraham, Tilda Swinton, Jude Law, Saoirse Ronan, Laufzeit: 99 Minuten, Kinostart: 07.03.2014, www.akademiezubrowka.com