Im Kino mit dem Counselor
Ich treffe Freundin P. nach der Arbeit. P. redet viel und gern, allerdings ausschließlich über sich selbst. Begonnen bei ihrer total verkorksten Beziehung, über ihre anstrengende Arbeit und die dummen Kollegen. Sich in P’s Nähe aufzuhalten ist wie in ein schwarzes Loch gezogen zu werden. Wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten sie hat das Suddern erfunden.
Nachdem ich mir eine Stunde ihr Gejammer über Gott und die Welt angehört habe, kann ich nicht mehr. Ungefragt schwärme ich ihr vom neuen Ridley Scott Film vor und den vielen tollen Schauspielern die bei dem Streifen mitwirken. Ohne auch nur eine Gefühlsregung, geschweige denn eine Antwort abzuwarten, winke ich der Kellnerin, bezahle und schleppe sie in die nächste Vorstellung. Noch an der Kassa, ja sogar als wir bereits im Kinosaal sitzen und die Filmvorschauen (mein persönliches Highlight bei jedem Kinobesuch) beginnen, schwafelt sie in einer Tour von ihrem „Freund“ und warum er trotz all den tausend Problemen die sie haben, noch immer der richtige sein könnte. Gott meinte es an diesem Tag dann doch noch gut und sandte uns ein älteres Pärchen, dass P. klar und deutlich wissen ließ „Endlich die Klappe zu halten.“ Und es war Stille.
The Counselor ist nicht nur der Titel, sondern auch der einprägsamste Teil des Films. Gefühlte 100 Mal hört man Javier Bardem, Brad Pitt, oder andere Darsteller den Begriff sagen. Je öfter ich es hörte, umso mehr zweifelte ich an der korrekten Aussprache der Synchronsprecher. Abgesehen davon ist der Film großartig. Cameron Diaz leidet zwar etwas unter einer eingeschränkten Mimik (Botox sei Dank), spielt aber das durchtriebene, sexuell hemmungslose Luder gekonnt. Und zu Micheal Fassbender muss man nichts sagen.
Freundin P. schwieg den gesamten Film über, weinte am Ende ein bis zwei Tränen und verabschiedete sich ohne große Worte von mir. Was Filme alles bewirken können: Einmalig.