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City And Colour in der Wiener Arena

Sommerstimmung in der Arena! Nach dem Sommer ist bekanntlich vor dem Sommer! Also nach so einem langen Winter wird der Sommer gleich in Maßlosigkeit günstig und für jeden zu haben, als Massenware verkauft…

Zumindest das ist heutzutage noch gratis und gerade solche Tage sind es, die dazu einladen in der Arena vor dem Beisl das eine oder andere Kaltgetränk zu sich zu nehmen, bevor es in der großen Halle heute einen Szeneact gibt. So leicht ist das ganze ja dann doch nicht mit Dallas Green aka City and Colour! Denn er ist gewisse Art nicht nur einfach ein Singer Songwriter, sondern auch ein Szene-Phänomen. Denn hier zeigt sich, was knapp 10 Jahre Gitarre und Gesang im Rahmen von Alexisonfire für Wellen schlagen können, wenn eine klare Musikrichtung inklusive Fangemeinde plötzlich in eine ganz andere Richtung wandert. Denn Dallas Green hat damals nicht nur einfach seine Sachen gepackt und ist vom Punkrock in den weitaus ruhigeren Bereich des Singer-Songwritings gewandert, sondern hat dabei gleich eine gesamte Fanbase mitgehen lassen.

Es ist sowas wie ein Familientreffen, das an diesem Tag in der Arena stattfindet. Vor der großen Halle warten bereits einige Publikumstrauben und allesamt kennen sie sich untereinander. Denn diverse Musiker aus der heimischen Punk, Hardcore und Rock Szene treffen hier wieder aufeinander und jeder kennt sich dann doch irgendwie untereinander. Warum und wieso das gerade bei einem City and Colour Konzert so drastisch bemerkbar ist, kann man schwer greifen. Vielleicht spielen da mehrere Faktoren zusammen. Zum Einen, dass City and Colour einfach gewisse musikalische Qualitäten besitzt und zum Anderen vielleicht, weil er es schafft auf charmante Art und Weise den Bühnengraben zwischen Musiker und Publikum zu zuschütten und zu überbrücken. Diese Eigenschaften besitzen natürlich etwaige andere Musiker und Künstler genau so, nur bei der Band ist es, wenn man nach dem Publikum geht, einfach spezieller.


Als Vorband hat Dallas Green noch Chris Carrabba von Dashboard Confessional als Unterstützung mit dabei, der mit seinem Seiten-Projekt Twin Forks als Support aufspielt. Eine positiv gestimmte Mischung aus Country & Folk, die mit einigen Details für die heutigen Generationen aufpoliert und adaptiert ist. Währenddessen füllt sich die große Halle schon langsam, was einerseits für eine wachsende Konzertstimmung sorgt und andererseits die größer werdende Hitze an diesem verdammt heißen Tag um ein weiteres hinaus steigert. Wenn Twin Forks den alten Hank Williams Gospel-Klassiker I Saw the Light, der bereits 1947 ein breites Publikum zum klatschen brachte, zurück auf die Bühne bringt, findet man sich mitten im Soundtrack von Walk the Line und O Brother where are thou wieder. Twin Forks ist mittlerweile fertig und das Publikum auch. Denn bevor es mit City and Colour los geht, werden nochmal die Türen geöffnet, es wird frisch durchgeatmet und die heiße Luft von draußen trifft auf die noch heißere Luft von drinnen.

Die Türen sind zu und der Blick einer durchaus vollen Arena-Halle wandert nach vorne wenn Dallas Green die Bühne betritt und sich mit einem kurzen aber liebenswerten „Hi“ zum ersten mal an diesem Abend an das Publikum wendet. Eine angenehme Stille macht sich breit, die dem Kanadier auf der Bühne Raum für seine ruhigen oder manchmal auch weniger ruhigen Lieder bietet. Denn das gebotene Programm ist durchmischt mit neuem, neuerem, älterem und ganz altem Material. Was allerdings dazu kommt ist, dass der Singer Songwriter diesmal eine Backline mit an Bord hat, die den Liedern eine gewisse Fülle gibt. Während dem ersten Block wirkt es fast schon so als wäre hier eine vollständige Band zu sehen. Nicht nur Dallas Green als Frontman, sondern auch die anderen Musiker strahlen eine seltsame, liebenswerte und charmante Art aus. Wenn es einen Leitfaden mit dem Namen How to look like an awesome nerd geben würde, dann wäre der Bassist derjenige, der ihn verfasst haben könnte und daneben auch noch als optisches Beispiel darin abgebildet wäre – und das auf sympathische Weise!

Hits wie The Grand Optimist, Fragile Bird, Sleeping Sickness fehlen nicht und Thirst – eine Nummer bei der zum ersten Mal Wasserbecher vom Bühnengraben ins Publikum wandern, um die Hitze zu besiegen, sorgen für eine ausgelassen Stimmung, die aber immer noch Luft für die ruhigen Momente zulässt. Einen Menschen im Publikum, dem diese Ruhe zu ungewohnt erscheint und der deshalb beginnt laufend laut dazwischen zu rufen, blockt Dallas Green charmant ab und mit ironischen Bemerkungen im Subtext wirft er dieser Person die doppelte Ladung gleich wieder zurück. Und das ohne bösartig, wütend oder gehässig zu sein. Vielleicht ist es diese Mischung aus Humor, nachdenklich machenden Statements und familiärer Art, die eine gesamte Fanbase von einem Genre in das andere Genre wandern lässt.

Die Backline verlässt während dem Konzert für einige Lieder die Bühne und überlässt Dallas Green die alleinige Herrschaft darüber, die dieser gleich dazu nutzt um ältere Lieder zu spielen. Day old Hate und Casey’s Song – zwei Leider von seinem ersten Album Sometimes sind dabei und es ist so wie früher. Ein ruhiger City and Colour. Alleine auf der Bühne stehend, mit Gitarre und Stimme, der ein Publikum zum hinhören bringt.

Im zweiten Block kehrt die Backline wieder zurück und es wird vom Klang noch einmal voller und breiter. Das Publikum hängt noch immer mit seinem Ohr an den Lippen des Songwriters, auch wenn die Hitze in der Halle mittlerweile ihren Höhepunkt erreicht hat. Doch niemand verlässt den Raum. Auch wenn das Publikum durchmischt ist, findet sich schnell eine Mehrheit die auf ruhige Art und Weise eine bildliche Fahne für den Hardcore und den Punk hochhält. In diesen Momenten würde man sich gewisse engstirnige und konservative Menschen in die Halle wünschen. „Furchtbar! Diese Tattoos! Die hören ja nur alle laute und bösartige Musik!….und sind noch dazu alle Verbrecher!“. Schön wenn Schubladendenken und Klischees hier auf Granit beißen und so überdeutlich wie an diesem Abend zerschlagen werden können. Auch wenn es gerade die Menschen, die eine Nachhilfestunde in Sachen Offenheit nötig hätten, nicht zu Gesicht bekommen!

Als Abschluss gibt es dann noch eine ergiebige Zugabe. Body in a Box, The Girl, Sometimes I Wish bilden nach einem fast zwei Stunden andauernden Konzert einen passenden Abschluss. Im Freien kommt es dann zu einem lang erwarteten Luft schnappen und mit den flüssigen Möglichkeiten der Abkühlung lässt ein zufriedenes Publikum den ruhigen, familiären Abend in der Arena ausklingen.




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