Mumford and Sons live im Wiener Gasometer
Die Erwartung war fast so hoch wie die Anzahl der Leute, die ab dem U-Bahn Ausgang Gasometer mit Schildern wie: „Suche ein Ticket„, „Suche zwei Tickets“ oder am originellsten: „Suche ein Ticket, weil habe Geburtstag“ gestanden sind…
Wehmütig blicken sie, diejenigen, die keine Karten mehr ergattert haben und umso fröhlicher hüpfen diejenigen zur scheinbar kilometerlangen Schlange, die sich vor den Eingängen zum place to be dieses Abends gebildet hatte. Das Mitleid hielt sich also in Grenzen, die Karte wurde wie ein Schatz gehütet, denn: Mumford and Sons haben sich immerhin angekündigt. Da radelte auch noch schnell Sänger Marcus Mumford auf einem alten Drahtesel vorbei, hinter ihm kreischend, als wäre man gerade in einem Video-Dreh gelandet, die Groupies. Ladies – leider ist der Sänger der Band ja bekannterweise mit Carey Mulligan verheiratet! Aber zurück jetzt zur Musik, dem eigentlichen Thema.
Die Masse wurde langsam unruhig, als sich gegen neun Uhr die Halle bis zum Bersten füllte. Ausverkauft war es, wie gesagt und die Luft zum Schneiden. Lustigerweise war diese sonst so drückende Atmosphäre eine Art unterstützendes Element, als Marcus Mumford mit seinen Jungs auf der Bühne erschien – da brachte eine Gruppe den erdigen, bodenständigen und authentischen Flair mit nach Wien und verwandelte das Gasometer von einem Betonbunker in eine Art uriges, altes Theater, Lampions hingen dazu passend im Hintergrund und alte Glühbirnen, die verfärbt von der Decke baumelten, taten dazu noch das Übrige. Und los ging es mit der Single Babel aus dem aktuellen Album (hier die Kritik): Wie dieses Lied auch schon auf ausgeklügelte Weise das zweite Studioalbum der Band einläutet, wurde damit in Wien ein Musikabend der anderen Art vorweggenommen. Winter Winds wurde kurz danach ins Mikro gesäuselt, dann kam auch schon der Sing-along-Song I will wait, den das Publikum von vorne bis hinten auswendig mitsingen konnte. Aber man wartete ja doch noch – und endlich war er da: Der Moment, in dem Marcus Mumford zur Gitarre griff und den Akkord anschlug, auf den alle warteten: Little Lion Man ging in Wien genauso ab wie in Edinburgh, in New York oder anderswo und das eine – oder andere Auge blieb auch hier nicht trocken.
Obwohl also die Songauswahl der ersten Hälfte des Konzerts keine Wünsche offen lies, war ein Enttäuschungsmoment nichtsdestotrotz vorhanden: Da hörte man ein Piano, wo niemand am Piano stand, ebenso wie man die Drums schlagen hörte, ohne dass jemand das Schlagzeug bediente. Also da hätte man vielleicht mehr erwartet, nämlich dass bei einer Band wie Mumford and Sons doch alles live gespielt wird. Dieser kurze Moment des Erschreckens wurde aber beinahe gleichzeitig wieder gut gemacht, als sich plötzlich Mastermind Marcus Mumford die Sticks griff und begann, das Schlagzeug so richtig in die Mangel zu nehmen.
Der Mann scheint ja wohl auch alles zu können, von seiner außergewöhnlichen Stimme einmal überhaupt nicht zu sprechen. Nach diesem Aufbegehren, diesem Wirrnis der verschiedenen Stimmungen, dieser Euphorie, die in der ersten halben Stunde versprüht wurde, kehrte schließlich jedoch eine Art Ruhephase ein. Gut zum Bier holen könnte man meinen, doch hätte man diese Durststrecke vielleicht mit dem ein – oder anderen Hit pflastern sollen. Kurz vor Ende holte die Band dann aber doch noch einmal alles raus und schmiss jegliche Moral über Bord, da wurde gehüpft, geschrien, getrommelt, mit den Füßen gestampft – ein faszinierendes Schauspiel einer Band, die sich ihrer Musik vollständig hingibt, wurde also geboten.
Nicht so erschöpft, wie man wohl gerne nach einem mehr tanzbaren Konzert gerne gewesen wäre, aber dennoch auch nicht enttäuscht wurde man dann wieder auf den Heimweg entlassen – Fazit: Die Band ist toll, live ist sie sogar noch besser, nur am Konzept bzw. der Titelauswahl und deren Aufteilung über den Konzertabend hinweg sollte noch etwas gefeilt werden. Wir freuen uns auf ein nächstes Mal.