SSX
Die Zeit des Fun-Sport-Genres schien spätestens seit den grandios gescheiterten, durch lächerliche Peripheriegeräte unterstützten “Tony Hawk”-Ablegern vorbei zu sein. Mit einiger Skepsis konnte auch die Neuauflage des Snowboardspektakels “SSX” betrachtet werden, vor allem weil der erste Trailer einen überraschend düsteren Look präsentierte, der weder bei Kritiker noch Spieler besonders gut ankam…
Glücklicherweise hat das Entwicklerstudio EA Canada auf das negative Feedback reagiert und bei der Optik einen Schwenk in passendere Gefilde vollzogen: Der farbenfrohe Akzent der “SSX”-Reihe wurde wieder eingeführt, was angesichts der betont comichaft-übertriebenen Action wesentlich angemessener erscheint. 12 Jahre nach dem ersten Teil und fünf Jahre nach dem letzten Ableger (“SSX: Blur”) darf der Weg für ein Reboot der Serie mangels Konkurrenz grundsätzlich begrüßt werden.
Auf den ersten Blick überwältigt “SSX” zunächst: Eine Vielzahl an verschiedenen Locations wie etwa die Alpen, Patagonien oder Alaska laden mit mehreren Gipfeln und unterschiedlichsten Routen bzw. Events ein – 27 (reale) Berge und über 150 Strecken lassen in Sachen Umfang nichts zu wünschen übrig. Leider wird dem Spieler nach dem ersten Start die Absolvierung des unpassend betitelten “World Tour”-Modus quasi aufgezwängt, in dem nach für nach nicht nur die einzelnen Charaktere freigeschalten werden, sondern es auch gilt, eine recht unnötige Story rund um einen Wettkampf zwischen dem Team SSX und dem ehemaligen Mitglied Griff abzuhandeln.
Gewohnt abwechslungsreich gestaltet sich das Bewegungsarsenal, das dank neuer (aber nicht verpflichtender, es gibt auch die Möglichkeit zur “klassischen”-Steuerung der Vorgänger) Tastenbelegung anfangs zwar gewöhnungsbedürftig, aber recht durchdacht integriert wurde. Auf den richtigen Strecken lassen sich so mit Leichtigkeit in die mehrere Millionen Punkte gehende Combos mit Hunderten von Tricks vollführen, was richtig Laune macht und dank einer nicht herausragenden, aber zumindest überzeugenden Optik auch ganz passabel aussieht.
Grundsätzlich wurde der Spielverlauf in drei verschiedene Arten von Herausforderungen unterteilt: Trick-Events, bei denen mittels wahnwitziger Combos bzw. fortzusetzenden Trickabfolgen sowie Multiplikatoren Punkte erspielt werden; Wettrennen gegen die Zeit und Survivial-Strecken, in denen unterschiedlichstes Equipment (etwa Wingsuits, die kurzes Gleiten ermöglichen, Eishacken für präzise Manöver auf hartem Untergrund, Stirnlampen oder auch “Pulse Goggles” zur besseren Sichtbarkeit des Terrains) zu Einsatz kommen, um das Ziel zu erreichen. Vor allem jene Survival-Herausforderungen gestalten sich recht abwechslungsreich, da der Fokus weniger auf die Ansammlung hoher Scores, sondern auf punktgenaues Steuern durch die gefährlichen Abfahrten gelegt wurde.
Allerdings bergen diese Events auch das größte Frustpotential, da dank diverser bodenloser Schluchten eine genaue Kenntnis der jeweiligen Strecke vorauszusetzen ist – und eine “Trial-and-Error”-Spielweise deswegen nicht umgangen werden kann. “SSX” versucht mit einer integrierten Rückspulfunktion a la “Need for Speed: The Run” oder “Race Driver: GRID” dem entstehenden Ärger etwas entgegen zu wirken – aufgrund der Tatsache, das sowohl die Zeit als auch Konkurrenz nicht betroffen und zusätzlich Strafen für die Benutzung vorgesehen sind, wirkt das Feature recht undurchdacht und unnötig.
Hat man den Tour-Modus erst mal hinter sich gelassen, liefern die anderen beiden Menüpunkte “Explore” und “Global Event” die eigentliche Initialzündung für den richtigen Spielspaß. Während die Integration des “RiderNet” (eine Version der “AutoLog”-Funktion aus “NFS: Hot Pursuit„, in der jeder Rekord von anderen Spielern aus der eigenen Freundesliste als Herausforderung automatisch angezeigt wird) in beiden Modi als recht nützlich erscheint, können vor allem die schon fast nicht mehr überschaubare Anzahl an Zeit- und Punkte-Herausforderungen punkten. Schade nur, das defacto kein echter Multiplayer vorhanden ist, da lediglich die aufgezeichneten Fahrten (“Ghost”) anderer Mitspieler zur Verfügung stehen und daher ein echter Wettkampf nur asynchron möglich ist.
Das “SSX”-Reboot ist aber im Grunde als gelungen anzusehen und füllt die schmerzende Lücke fehlender Fun-Sports-Spiele der Marke “Tony Hawk” mit Leichtigkeit, auch wenn erst nach gelungenem Auswendig-Lernen der Strecken so richtig Spaß aufkommen mag. Hat man aber erst mal (wortwörtlich) den Dreh raus und seinen ersten 100-Tricks-Kombo vollbracht, stellt sich auch der “SSX 3”-Suchtfaktor nach Eigenperfektion und Optimierung seiner Fähigkeiten ein, was nicht nur für unbeteiligte Zuseher schon bald schwindelerregend wird.
Plattform: PS3 (Version getestet), Xbox 360, Altersfreigabe (PEGI): 3, Spieler: 1, Erscheinungsdatum: 01.03.2012