Martha Marcy May Marlene
Der Familienname der Hauptdarstellerin in Sean Durkins Spielfilmdebüt dürfte wohl zumindest all jenen, die in Anwesenheit eines Fernsehapparates heranwuchsen, ein wenig vertraut sein. Und tatsächlich handelt es sich bei diesem bezaubernd schönen und unverbrauchten Gesicht um die jüngere Schwester der mittlerweile im eigenen Merchandise-Imperium versickerten Olsen-Zwillinge…
Mit ihrer Rolle in Martha Marcy May Marlene stellt die junge Elizabeth Olsen erfreulich unter Beweis, dass sie das gesamte bisherige schauspielerische Schaffen ihrer prominenten Schwestern spielend leicht in den Schatten zu stellen vermag.
Erzählt wird die Geschichte von Martha, die nach der Flucht aus einer sektenähnlichen Kommune von ihrer ungleichen Schwester und deren Ehemann aufgenommen wird. Im idyllischen Ferienhaus am See findet die junge verlorene Frau jedoch statt Schutz und neuem Halt nur die Dämonen der vergangenen zwei Jahre, die ihr keine Ruhe gewähren. Während sich Realität und Alptraum, unwirklich erscheinende Gegenwart und traumatische Erinnerung immer unheilvoller ineinander zu verfangen scheinen, muss Martha erkennen, dass ihr der Weg zurück in die Normalität langsam unter den Füßen zu entgleiten droht.
Die charmante Hauptdarstellerin sowie die spannende Thematik sind jedoch nicht die einzigen Gründe, warum man sich Martha Marcy May Marlene unbedingt ansehen sollte. So inszeniert Sean Durkin sein eigenwilliges Psychodrama in matten Farben und ruhigen, teils düsteren Bildern, spielt gekonnt mit Licht und Finsternis, verflechtet teils raffiniert undurchdringlich Vergangenheit mit Gegenwart und lässt die Atmosphäre zwischen schleichender Beklemmung und offenkundigem Grauen balanzieren.
Dabei verrät der Film nie zuviel, sondern verharrt immer wieder rätselhaft im Vagen, bietet den Zuschauern Raum für die im Kino leider viel zu oft unterschätzte eigene Vorstellungskraft. Martha Marcy May Marlene ist ein Film, der erschreckt und berührt zugleich, der sich immer wieder im Dunkel verliert und zuletzt sogar noch etwas zustande bringt, an dem viele andere Filme scheitern – er endet in einem wunderbar richtigen Moment.
Regie & Drehbuch: Sean Durkin
Darsteller: Elizabeth Olsen, Christopher Abbott, Brady Corbet, Hugh Dancy, John Hawkes
Filmlänge: 101 Minuten, gezeigt bei der Viennale 2011