Star Wars Battlefront
Wenn eine pralle Cashcow namens Star Wars auf die effizient arbeitende Melkmaschine namens EA trifft, stellt sich für den aufmerksamen Spieler mit etwas Erfahrung (sprich Erinnerungsvermögen) sogleich die Frage, ob das dabei herauskommende Endprodukt, Star Wars Battlefront, nicht gleich abgestanden sein wird. Eines vorweg: Die ganze Sache riecht doch recht stark nach Nostalgie, Ideenlosigkeit und dem Schweiß von Programmierern, die unter Termindruck noch ein möglichst fertig erscheinendes Produkt auf den Markt bringen mussten. Jetzt kann man zur Versoftungsgeschichte des Star Wars-Franchise stehen wie man will, eines kann man schwer abstreiten: Das fantasievolle und auch kreative Universum birgt für Videospiele scheinbar unendliche Möglichkeiten.
Seit 1982 erscheinen (mit wenigen Ausnahmen) jährlich gleich mehrere Ableger in verschiedensten Genres bzw. auf unterschiedlichen Plattformen und angesichts dieser scheinbar beliebigen Fülle an Auswahl kann man durchaus erstaunt sein, das sich auch sehr gute Titel darunter finden lassen. Natürlich mischen sich zwischen Größen wie Knights of the Old Republic, der Super Star Wars-Trilogie und Star Wars Rogue Leader: Rogue Squadron II auch Spiele wie Super Bombad Racing oder Masters of Teräs Käsi, ein tendenziell positiver Eindruck hinsichtlich des gesamten Line-Ups bleibt jedoch bestehen. So war es auch wenig verwunderlich, dass der Ersteindruck des dieser Tage veröffentlichten Remakes von Star Wars Battlefront durchwegs positiv ausfiel. Der 2004 erschienen, an die erfolgreiche Battlefield-Reihe angelehnte Shooter konnte zwar dem Genre nicht viel Neues hinzufügen, war aber dank der ordentlichen Umsetzung ein Erfolg bei Kritikern und Spielern. Ein Jahr später konnte der Release von Star Wars: Battlefront II mit einem inhaltlich größeren Gesamtpaket den Vorgänger in allen Belangen übertrumpfen und sich als einer der meistverkauften Star Wars-Titel etablieren.
Ein Jahrzehnt und unzählige Zurufe von Fans später wagen sich nun die schwedischen Entwickler Digital Illusions Creative Entertainment – besser bekannt unter dem Kürzel DICE (seit 2006 Teil von EA) – an die Neuauflage, praktisch ist natürlich die Tatsache, dass das Studio vor allem für die renommierte Battlefield-Reihe bekannt ist. Die Lizenz liegt also bereit, ein erfahrenes Entwicklerstudio ist an Bord, eine Spielergemeinschaft ist vorhanden und auch ein aktueller Hype rund um den demnächst erscheinenden neuen Star Wars-Blockbuster, The Force Awakens, hat die Massen erreicht. Was kann da noch schiefgehen?
Auf den (vor allem in diesem Fall wortwörtlich) ersten Blick nicht viel, doch unter der hübschen Oberfläche brodeln die Probleme. Als taktischer Online-Shooter macht Star Wars Battlefront zunächst ziemlichen Eindruck, sieht das Ganze doch recht ansprechend aus und hört sich ebenso an: Grafik und Sounddesign ist ganz auf das Franchise abgestimmt, einzig die weniger dominante Synchronstimme von Darth Vader vereitelt der Präsentation das Gesamturteil „erstklassig“. Massive Auseinandersetzungen auf legendären Schlachtfeldern wie Endor und Hoth versprechen zudem filmisches Flair, insgesamt neun Spielmodi sollen den Spieler in Sachen Abwechslung bei Laune halten. Nach einem doch recht kurzen Zeitraum stellt sich dann aber Ernüchterung ein.
So zeigt sich etwa bald, dass Star Wars Battlefront weniger für den anspruchsvollen, im Genre erfahrenen Shooter-Fan konzipiert wurde, sondern eher für den Casual-Gamer, der vor allem das Wohoo! Wie in Star Wars-Popcorn-Feeling erleben möchte und kein Interesse an einem in die Tiefe gehenden Klassensystem, Squad-Gameplay oder auch Sprachchat für taktisches Vorgehen hat. An den Spielmodi zeichnet sich dies schon von Beginn an ab: Abseits der gehaltvolleren „Supremacy“ (bei dem strategische relevante Punkte sukzessiv erobert bzw. gehalten werden müssen) und „Walker Assault“ (langsam voranschreitende imperiale AT-AT Walker müssen verteidigt bzw. besiegt werden) finden sich hier nur vergleichsweise belanglose, Gameplay-technisch reduzierte Multiplayer-Gemetzel. Mit letzterem ist der teilweise Verzicht auf alle im Titel verfügbaren Spielmöglichkeiten gemeint, weil nur bei den beiden genannten Modi sowohl Vehikel, Fußtruppen als auch die Helden selbst gleichzeitig zum Einsatz kommen dürfen.
So ist „Blast“ das obligate Team-Deathmatch, „Droid Run“, „Drop Zone“ sowie „Cargo“ sind Variationen von Capture the Flag und „Fighter Squadron“ beschränkt sich einzig auf Luftkampf, der zudem dank mäßiger Steuerung und mangels Tiefgang eher zu vernachlässigen ist. Die verbleibenden beiden Spielmodi sind „Hero Hunt“ und „Heroes vs Villains“, in denen die bekanntesten Charaktere des Star Wars-Franchise als spielbare Figuren implementiert wurden. Jeweils drei gute (Luke Skywalker, Han Solo, Prinzessin Leia) oder böse Helden (Darth Vader, Boba Fett, Der Imperator) werden in einem vergleichsweise intimeren Rahmen in Schlachten involviert, mal einzeln und schutzbedürftig von einem Infanterie-Team begleitet (im acht Spieler-Modus „Hero Hunt“), mal in einem drei-gegen-drei Match mit zusätzlichen Bodentruppen („Heroes vs Villains“). So interessant sich diese Spielvarianten auch theoretisch anhören, die teils gemächliche Geschwindigkeit der Figuren und der auf drei spezielle Spezialattacken (etwa der Würgegriff von Vader, Lichtschwertwurf, Jetpack etc.) beschränkte Aktionradius gibt kaum Anlass für ein erneutes starten dieser Missionen. In den „Haupt“-Modi macht der Einsatz von Vehikel und Helden im Sinne eines zusätzlichen Bonus jedenfalls mehr Sinn.
Im neuen Star Wars Battlefront wurde der Einsatz von Vehikel auch grundsätzlich geändert: Als Power-Up-Icons auf der Karte verstreut müssen diese nun eingesammelt werden, um dann nutzbar zu sein, vorbei also die Wartezeit bei bestimmten Locations, in denen die Fahr- oder Flugzeuge respawnen. Eine von der Serie und im gesamten Shooter-Genre gewohnte Figurenklassifizierung der Marke „schwere Infanterie, Sniper, Pilot etc.“ wurde zugunsten des neuen „Star Cards“-Systems über Bord geworfen. Hier können mit fortlaufender Spieldauer bzw. dem Aufleveln via Credits zwei Dutzend Power-Ups (aka „Cards“) freigeschalten und dann in einer frei zusammenstellbaren Dreier-Konstellation mit in die Schlacht genommen werden. Neben verschiedenen Granatentypen sind hier auch singulär einsetzbare Raketenwerfer, Nahkampf-Blaster, ein Jetpack oder Kurzzeit-Boni wie schnellere Waffenkühlung bzw. Zielgenauigkeit auswählbar – ein Großteil davon ist jedoch meist in der Hitze des Gefechts oder grundsätzlich als unnötiger Ballast anzusehen, was angesichts der ohnehin schon reduzierten Auswahlmöglichkeit sauer aufstößt.
Etwas mehr Credits und damit auch Zeit kann in die Personalisierung der Spielfigur investiert werden: Mehr als jeweils 50 Auswahlmöglichkeiten (meist unterschiedliche Köpfe) für die Rebellen als auch Sturmtruppen stehen zur Verfügung, aber auch hier zeigt sich, dass die vorgefertigte, banale optische Aufhübschung des eigenen Charakters mehr als dürftig und kaum interessant ist.
Damit ist Star Wars Battlefront eigentlich genau jener Titel geworden, den Skeptiker bei der Sichtung des ersten Trailers vermutet hatten: Ein in Sachen Präsentation überaus beeindruckender Titel, der in fast allen anderen Belangen dank mangelndem Umfang und fehlender innovativer Ideen enttäuscht. Gerade die limitierte Anzahl an Spielumgebungen und freispielbaren Items sowie die eklatante Abwesenheit diverser Multiplayer-Basics wie Sprachchat oder Squad-System zeigen, dass hier wohl auch seitens der Entwickler (Zeitdruck?) nur auf ein kurzes Vergnügen gesetzt wurde. Ob noch Spielmotivation nach einem Abklingen des gerade akuten Star Wars-Hypes für diesen Titel vorhanden sein wird, ist mehr als fraglich, Shooter-Fans finden schnell bessere Alternativen. Wer aber gerade einen hübschen, nicht allzu involvierenden Ausflug in das Star Wars-Universum machen will, ist mit Star Wars Battlefront sicher für ein paar Stunden bestens bedient.
Plattform: PS4 (Version getestet), Xbox One, PC, Spieler: 1-2 (Splitscreen), 1-40 (online), Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 19.11.2015, starwars.ea.comstarwars/battlefront