Rage
Ein neuer Shooter von den Pionieren des Genres? Immer her damit! Id Software, das Entwickerstudio der unsterblichen Klassiker Wolfenstein, Doom und Quake veröffentlichen nach jahrelanger Abstinenz endlich ihren im Vorhinein natürlich hoch antizipierten First-Person Shooter namens Rage. Die Erwartungshaltung war groß, denn schon 2007 wurde Rage erstmals angekündigt – und angesichts der bisherigen Releases von Id Software konnte man schon damals auf einen weiteren Genre-definierenden Ableger des Studios hoffen. Auch nach den ersten Previews konnte man angesichts der neuen, sehr ansprechenden Engine – id Tech 5 benannt – nur Staunen von Seiten der Fachpresse registrieren. Mittels ausgeklügelter Technik wird bei Rage nicht nur besonders hochauflösende Inhalt mit enorm scharf definierten Licht- und Schatteneffekten dargestellt, sondern dank der sogenannten Mega-Texture (eine gigantische Textur statt vieler Einzelnen) auch flüssiges Gameplay geboten.
Mithilfe modernster Technolgie versetzen die Entwickler den (unbenannten) Protagonisten also in die postapokalyptische Welt von Rage, die nach einem verheerenden Meteoriteneinschlag von marodierenden Banden a la Mad Max heimgesucht wird. Als Überlebender eines von der Regierung initialisierten Arche (Noah?)-Programms bietet das Ödland erstmal viel Altbewährtes: Neben einigen traditionell als Anlaufstellen fungierenden (Klein-)Städten, einem Inventarsystem für allerlei nützlichen oder eintauschbaren Schrott und dutzenden Charakteren, die allesamt entweder mit stilvollen Atemmasken, mechanischen Prothesen oder zusammengeflickten Lederoutfits ausgestattet wurden, vermag die nun spärlich besiedelte Umgebung auf den ersten Blick an jene von Fallout 3 zu erinnern.
Der größte Unterschied zeigt sich nach den ersten bewaffneten Auseinandersetzungen mit den vielsagend betitelten Gangs (The Wasted, Gearheads, Jackals usw.) des Wastelands, denn hier wird weniger auf taktisches Geplänkel wert gelegt, vielmehr auf Reaktion und akkurate Waffenwahl angesichts der enorm agilen und taktisch agierenden Gegnerschaaren. So kommt es nicht selten vor, das sich bei einem längeren Feuergefecht die Widersacher zurückziehen, einzelne Gegner über Geländer und Tische springen oder die taktischer agierenden Feinde sich im Gänsemarsch hinter einer mit einem Schild ausgestatteten Einheit fortbewegen.
Leider wurde bei der an sich sehr gut verwirklichten Shooter-Mechanik (samt teils grandioser Gegner-KI) fast komplett auf eine mitreißende Story oder eine lebendige Spielwelt verzichtet – das Ödland von Rage entspricht tatsächlich seiner Bezeichnung: Öde, langweilig und aufgrund der weiten Distanzen, die nur mit den nach Rasenmäher-klingenden Vehikel bewältigbar sind, spielerisch anstrengend. Apropos Vehikel: Der FPS-Spielfluss wird allzu oft mithilfe der actionlastigen Fahrzeugabschnitte durchbrochen, aufgrund der bescheidenen Auswahl, Anpassbarkeit und nicht vorhandenen Abwechslung seitens der Gegner kann man nur verwundert den Kopf schütteln, denn das schon mehrere Jahre alte Borderlands hat die Integration beider Spieltypen auf Anhieb gut umgesetzt (zudem konnte man auch Gegner überfahren, was in Rage nur ein einziges Mal möglich ist).
Auch die Grafik-Engine ist nicht ohne Mängel, denn (zumindest bei der getestet PS3-Version) bei jedem Richtungswechsel sind Texture-Pop-Ins, also die Nachberechung der Oberfläche von verschwommen zu scharf, sichtbar. Lange Ladezeiten, öde Rennen mit den diversen Fahrzeugen (auch der Multiplayer reizt diesbezüglich nicht wirklich), uninteressante Nebenmissionen, die sich hauptsächlich aus unterschiedlichen “Besorge Objekt A, dann erhältst du eine Belohnung”-Aufträgen zusammensetzen und das extrem abrupt einsetzende Ende verderben zusätzlich noch die Laune – da hilft die grundsätzlich beeindruckende Optik und das tolle Design der Level und der Charaktere auch kaum, das recht uninspirierte Gesamtkonzept von Rage zu überdecken.
Plattform: PS3 (Version getestet), Xbox 360, PC, Altersfreigabe (PEGI): 18, Spieler 1, 1-4 online, Erscheinungsdatum: 07.10.2011