Private Venus
Im Mailand der 1960er Jahre ist der ehemalige Arzt Duca Lamberti gezwungen eine berufliche Neuorientierung einzugehen. Nachdem er einer älteren Patientin ihren Sterbewunsch erfüllt hat, verlor er seine Approbation und wanderte für drei Jahre ins Gefängnis. Nun soll er den Sohn eines reichen Geschäftsmanns beim Alkoholentzug betreuen und begleiten. Der Sohn eröffnet Duca bald den Grund, warum er mit dem Trinken begann. Er fühlt sich schuldig am Tod einer jungen Frau. Duca beginnt dem Fall nachzugehen, der ihn ins Reich der Prostitution und Pornografie führt.
Paolo Bacilieri entwirft in seiner Graphic Novel Private Venus nach Giorgio Scerbanenco, ein Panoptikum der italienischen Gesellschaft in den 60er Jahren. Private Venus ist dabei oft mehr eine Sezierung der sozialen Gefüge, als wirklicher Krimi. Dennoch sind alle wesentlichen Ingredienzen enthalten.
Der italienische Krimi wird im Volksmund Giallo genannt. Das kommt von den gelben Einbänden, die damals die einschlägige Literatur zierte und damit als „Schund“ ausstellte. Giorgio Scerbanenco schrieb einige dieser Gialli oder Poliziotti, und mehrere wurden in den 70ern in Italien auch verfilmt. Private Venus ist der erste Roman um den ehemaligen Arzt Duca Lamberti. Drei weitere sollten folgen. Auf Deutsch erschien der Roman zuerst unter dem Titel Leichte Mädchen sterben schwerer und kürzlich in Neuübersetzung als Das Mädchen aus Mailand.
Paolo Bacilieris grafische Umsetzung darf als gelungen gelten. Ein wenig dialoglastig kommt die Geschichte daher und den Zeichnungen Bacilieris wünscht man manchmal ein wenig mehr Dynamik. Doch sein ruhiger Strich passt andererseits sehr gut zu der Geschichte, die sich gegen Ende immer mehr ins Hysterische steigert. Private Venus ist ein astreiner Giallo in Comic-Form, einer der an die Ursprünge des Genres angelehnt ist und nicht an die hyperbrutalen Auswüchse späterer Filme. Ein interessantes Zeitdokument vom Avant Verlag in makelloser Aufmachung auf den deutschen Markt gebracht. Das Interesse an weiteren Bearbeitungen der Duca-Lamberti-Geschichten ist durchaus geweckt.
Private Venus von Paolo Bacilieri nach Giorgio Scerbanenco, 160 Seiten, erschienen im Avant Verlag.